Mit dem Rad von Essen nach Südfrankreich – Tag 2

2. Tag, Montag, 09.05.2011, Reuver – Eijsden, 95,3 km, 9:00-17:00 Uhr

Ich stehe kurz vor 8:00 Uhr auf und bin um 9:00 Uhr startklar. Die Nacht war kurz und laut. Am Vorabend haben meine Nachbarn noch lange munter miteinander geplaudert, am frühen Morgen machen zwei Tauben direkt über mir ordentlich Radau, aber der Clou ist ein campingplatzeigener Pfau der x-Mal in der Nacht auf andere Geräusche reagiert und aus voller Kehle sein Warn-Geschrei anstimmt. Fühle mich trotzdem fit und fahre ohne Frühstück los. Weit und breit kein Café, keine Einkaufsmöglichkeit.

Anfangs versuche ich es mehrfach mit den Knotenpunkt-Radwegen entlang der Grenze Richtung Süden, gerate dabei aber immer wieder auf schotterige oder sandige Wald- und Feldwege, für die mein Rad zu schwer und seine Reifen zu schmal sind. Schließlich wechsle ich auf die breite Landstraße und erreiche Roermond, als die ersten Cafés gerade öffnen. Freue mich auf ein gutes Frühstück, bekomme aber in einem eigentlich ganz gut aussehenden Café am Hauptplatz der Stadt zum Kaffee tatsächlich nur Panini und Pizza angeboten. Am frühen Vormittag! Bin ziemlich konsterniert. Arme Niederlande! Was gab es hier in meiner Jugend überall für leckere Sachen zum Frühstück. Offene Bäckereien finde ich auch nicht. Dafür erstehe ich im benachbarten Touristenbüro VVV endlich eine ANWB Fietskaart, auf der die Radwege und Knotenpunkte entlang der Maas bis zur belgischen Grenze verzeichnet sind. Frage trotzdem nach Fernradwegen und bekomme die Empfehlung, dem LF3 auf der anderen Maasseite zu folgen. Die Maas in Roermond ist ziemlich breit, der Wind auf der Brücke heftig, so dass es eine Weile dauert, bis der Radweg in Sicht kommt bzw. die Großbaustelle, als die sich der Radweg dann erweist, völlig eingezäunt und unbefahrbar. Das Kartenstudium ergibt, ich muss wieder zurück in die Stadt und auf die andere Seite der Maas. Die Erfahrung, dass die Mitarbeiterinnen von Touristenbüros selbst in Hochburgen des Radtourismus (wie z.B. an der Loire) offensichtlich selbst nicht mit dem Rad fahren und keine Kenntnis von den Gegebenheiten in ihrer Region haben, werde ich noch einige Male machen.

Nach einem weiteren Versuch mit einem durch den Ort mäandrierenden Radweg gebe ich auf und fahre auf der Hauptstraße Richtung Sittard weiter. Mein „Frühstück“ nehme ich dann gegen Mittag an einer Tankstelle. Ausgerechnet! Käsebrötchen und zwei Bananen-Maracuja-Drinks. Sittard erweist sich als ebenso malerisch wie Roermond. Ich fahre langsam durch den Stadtkern, komme bei der Ausfahrt zu weit nach Osten ab, frage mich durch und treffe schließlich wieder auf die Straße nach Maastricht, meinem nächsten Etappenort. Um 15:00 Uhr beginnt es, für kurze Zeit heftig zu regnen, und ich fahre einige Km in voller Regenmontur: Regenjacke, -hose, -gamaschen und Helmüberzug.

Am Nordrand von Maastricht entscheide ich mich wieder für einen der ausgeschilderten Radwege und lerne prachtvolle Herrenhäuser in eindrucksvollen Parkanlagen kennen. Die Innenstadt durchquere ich schnell auf dem östlichen Maasufer, um zu dem Campingplatz am Südrand der Stadt zu gelangen, den ich auf der Karte entdeckt habe. Er gehört schon zur Gemeinde Eijsden, ist sehr nett und bietet einen schönen Blick auf den Fluss und die Hügel auf dem anderen Ufer. Die Übernachtung kostet 7,50 Euro plus 50 Cent für die Dusche. Ich baue bei leichtem Regen mein Zelt auf, wasche Hemd, Unterhemd und die Radhose, finde eine alte Wäscheschleuder und klammere meine Sachen zum weiteren Trocknen außen am Zelt fest. Nach dem Duschen mache ich mich auf die Suche nach Nahrung. Im Nachbarort soll es trotz des Montagabends eine offene Pizzeria und eine Art Imbiss geben. Ich fahre einige Kilometer, suche intensiv, finde aber nichts. Schließlich kaufe ich im winzigen Campingplatzladen auf, was einigermaßen nahrhaft aussieht, und mache mir Käsebrote. Dazu gibt´s Fruchtjoghurts und Bier aus der Dose. Zum Glück gibt es auf diesem Platz zwei Picknick-Plätze, stabile Tische und Bänke, so dass ich nicht auf dem Boden sitzen muss. Nur wenige Plätze bieten Fahrradtouristen und Wanderern diesen Komfort, wie ich in den folgen Tagen feststellen werde.

Der Abend ist deutlich kühler als der Vorabend. Im Laufe des Tages hat meine rechte Wade gemuckt. Am Abend fühlt sich die ganze Kniekehle etwas verhärtet an. In der Nacht wird es mir ganz schön kühl in meinem alten Daunenschlafsack.

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