Ein Hundeleben in Paris…

Dogwalker in Paris © Michael Kneffel

Dogwalker in Paris © Michael Kneffel

…kann sehr schön sein – vorausgesetzt man wird als Hund von einem ambitionierten Dogwalker auf den Wiesen zwischen dem Louvre und den Tuilerien bespaßt. Die Hundebande, die wir dort im Oktober bei strahlendem Sonnenschein beim Toben beobachten konnten, hatte jedenfalls eine sehr gute Zeit.

Besonders beeindruckt hat uns der clevere Schäferhund, der nicht nur unaufgefordert alles liegengebliebene Spielzeug der anderen zurück brachte, sondern auch immer wieder den möglicherweiser etwas tiefbegabten Terrier „Jacques“ einsammelte und an der Leine zum Rudelchef zurück brachte.

Dogwalker in Paris © Michael Kneffel

Dogwalker in Paris © Michael Kneffel

(Jacques ist auf den Fotos leicht daran zu erkennen, dass er nicht weiß, wo die Feier stattfindet.)

Mein Foto der Woche – Notre Dame mit dem iPad

vor Notre Dame in Paris © Michael Kneffel Kneffel

vor Notre Dame in Paris © Michael Kneffel

Menschen, die mit ihrem iPad fotografieren, machen dabei selten eine gute Figur. Trotzdem wollte ich es auch mal ausprobieren. Die Bildbearbeitungsprogramme für Smartphones und Tablets, in meinem Fall Snapseed, können wirklich Spaß machen. Dieses Foto entstand im letzten Oktober vor der Kathedrale Notre Dame in Paris.

Gut gegessen in Paris

Üppig war der Platz nicht gerade, der uns im Bô Zinc für unser Mittagessen zugewiesen wurde. Ein kleiner Tisch unter einem großen Spiegel hinten im Lokal. Die Brasserie war nahezu ausgebucht. Hier saßen wir nun zwischen zwei Handwerken in Arbeitskleidung auf der einen und einem jungen Paar mit zwei kleinen Kindern auf der anderen Seite und konnten das rege Treiben in der Brasserie beobachten. Seit dem Morgen waren wir, beginnend an der Place du Trocadéro, über die idyllische Seine-Insel aux Cygne, durch die Rue Jean-de-la-Fontaine mit ihrem gediegenen Straßenmarkt zwischen prächtigen Jugendstilhäusern, durch das 16. Arrondissement bis zur beschaulichen Rue Boileau gestreift und waren nun auf der eleganten Avenue Mozart gelandet, wo sich unsere Mägen bemerkbar machten. Unterwegs hatten wir uns zuletzt schon einige Speisekarten angesehen, aber so richtig angesprochen hatte uns keine. Und auf die zahlreichen Pizzerien, die sich auch in dieser Gegend ausgebreitet haben, hatten wir so gar keine Lust. Vielleicht wären wir auch am unscheinbaren Bô Zinc im Haus Nummer 59 vorbeigegangen, wenn uns nicht eine geschäftstüchtige Kellnerin auf sympathische Weise hineinkomplimentiert hätte. Auch die anderen Mitglieder eines auffallend jungen Teams machten einen höchst professionellen Eindruck. Freundlich und schnell wurden die Karten gebracht und  die Bestellungen aufgenommen. Obwohl es im Lokal sehr lebhaft zuging und alle frei werdenden Tisch schnell wieder belegt wurden, blieb die Geräuschkulisse angenehm. Bei den meisten Gästen schien es sich um Stammgäste zu handeln, Menschen aller Alters- und sehr unterschiedlicher Einkommensgruppen aus den Büro und Geschäften der Nachbarschaft, die hier regelmäßig ihre Mittagspause verbringen. Im vornehmen 16. Arrondissement hatten wir mit höheren Preisen gerechnet. Die Tagesgerichte – traditionelle französische Küche – wurden unter 10 Euro angeboten, das kleine Glas Wein um die 3, der Café für 2, und die Desserts lagen bei 5 Euro. Da alles auch noch ausgesprochen gut schmeckte, war uns leicht nachvollziehbar, warum kein Tisch länger als 5 Minuten frei blieb.

Wand mit Serviettenregal in der Bar du Marché © Michael Kneffel

Wand mit Serviettenregal in der Bar du Marché © Michael Kneffel

Eine ähnlich gute Erfahrung machten wir am nächsten Mittag in einem anderen Teil der Stadt in der traditionelleren Brasserie Le Colibri an der Place de la Madeleine 8 im 1. Arrondissement. „Es kommt der Tag, da bedienen alte Männer alte Männer“, steht auf einer Postkarte, die in unserem Lieblingscafé zu Hause an der Wand hängt. Was dem deutschen Autor anscheinend als Schreckensvision erschienen war, gehört in Paris zum Glück immer noch zur Normalität: in Ehren ergraute Kellner mit weißem Hemd, schwarzer Fliege, Schürze und mit einer weißen Serviette über dem Arm, die ihre Stammgäste per Handschlag begrüßen und sie eigentlich gar nicht fragen müßten, welches der Tagesgerichte sie ihnen bringen sollen. Das Team im Le Colibri war alles andere als jung, aber ebenso professionell und kompetent wie bei unserem Mittagessen am Vortag. Hier geht die Chefin mittags von Tisch zu Tisch und plaudert mit den Stammgästen. Der Patron, der in Kellnermontur mit bedient, setzt sich auch schon mal zu den Gästen, die bereits beim Café angekommen sind, und bringt solche, die sich noch nicht kennen, miteinander ins Gespräch. Netzwerken auf traditionelle Art. Preislich spielt das Colibri in einer höheren Liga als das Bô Zinc, was in dieser Lage auch nicht völlig überrascht. Allerdings machen hier viele Gäste von der traditionellen Art, die Rechnung niedrig zu halten, Gebrauch: sie essen und trinken im Stehen am Tresen. Dort kostet das Tagesgericht 10 Euro und das Glas Wein ungefähr halb so viel wie am Tisch. Nach einem langen Vormittagsspaziergang durch das Szene-Viertel Belleville und später dann durch den Park der Tuilerien und die mondäne Gegend rund um die Place Vendôme waren wir jedoch sehr froh, das Treiben im Restaurant im Sitzen beobachten zu können.

Abschließend soll ein Restaurant nicht unerwähnt bleiben, das uns dort mit gutem Essen und Service und ebenfalls einer sehr traditionellen Atmosphäre überrascht hat, wo wir es am wenigsten erwartet hatten: mitten im rummeligen und touristischen Marais. In der Bar du Marché des Blancs-Manteaux in der Rue Vielle du Temple 53, findet sich sogar noch ein Regal an der Wand, in dem die Stoffservietten der Stammgäste über mehrere Tage aufbewahrt werden, bevor sie schließlich in die Wäsche gehen. Wer kein Stammgast ist und hier mittags essen möchte, sollte am besten schon früh um 12:00 Uhr kommen oder etwas Zeit mitbringen. Das Warten lohnt sich aber, wenn man die klassische französische Küche und Esskultur mag.

Louvre Lens – edles Kunstschaufenster in Frankreichs Norden

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Louvre Lens © Michael Kneffel

Wem der Pariser Louvre, das größte Museum der Welt, mit seinen 300.000 Exponaten auf 60.000 qm, seinen 17 Abteilungen auf vier Etagen und seinen scheinbar unzähligen Räumen und Gängen so viel Respekt einflößt, dass er bisher lieber draußen geblieben ist, kann sich dessen Kunstschätzen seit fast einem Jahr in der neuen Außenstelle im nordfranzösischen Lens komfortabel annähern.

Zwar ist auch das neue Museum mit 28.000 qm nicht gerade ein Winzling, allerdings werden in seiner Dauerausstellung, die einen großen Teil dieser Ausstellungfläche einnimmt, gerade einmal 205 Meisterwerke aus 5 Jahrtausenden präsentiert. Alles ist luftig, hell, geräumig und leicht überschaubar. Bei unserem Besuch in der letzten Woche haben wir uns dort auf Anhieb wohl gefühlt.

Louvre Lens © Michael Kneffel

Louvre Lens © Michael Kneffel

Die riesige rundum verglaste Eingangshalle besticht durch ihre Helligkeit und die Aussicht in den umgebenden  20 Hektar großen Park. Das Gebäude für die Dauerausstellung dagegen ist völlig fensterlos, bekommt aber durch Oberlichter viel Licht und vermittelt durch Wände, die mit einer matten, leicht reflektierenden Aluminiumfolie beschichtet sind, ein Gefühl von  Weite.

Wie das Kunstmagazin „art“ den Louvre-Direktor Henri Loyrette im Dezember letzten Jahres zitierte, soll der Museumsableger  „den Pariser Louvre weder ersetzen noch komplementieren, sondern vorstellen“. Und in der Tat wirkte auf uns das neue Museum wie  ein edel gestaltetes Schaufenster, in dem sorgsam verlesene Kulturhäppchen Appetit auf mehr machen.

Louvre Lens © Michael Kneffel

Louvre Lens © Michael Kneffel

Nun wären 150 Millionen Baukosten allein für ein attraktives Schaufenster, das neue Besucher in das Pariser Stammhaus locken sollen, kaum vertretbar. Die Planer und Macher des Museums verfolgen erklärtermaßen aber auch die Absicht, einer armen und strukturschwachen Region – Lens gilt als die drittärmste Stadt des Landes – durch eine große Kultureinrichtung mit internationaler Ausstrahlung neues Leben einzuhauchen. Bilbao und das Ruhrgebiet gelten als Vorbild.

Nach den bisher veröffentlichten Zahlen dürften die für das Eröffnungsjahr erhofften 700.000 Besucher bis zum Jahresende erreicht werden. Während unseres Besuchs sind uns die vielen Familien aufgefallen, deren Kinder sich mit offenkundigem Interesse die Exponate ansahen. Auffallend war auch, dass die Fahrzeuge auf dem großen Parkplatz, den sich das Museum mit dem Fußballstadion teilt, überwiegend Kennzeichen aus der Region trugen.

Louvre Lens © Michael Kneffel

Louvre Lens © Michael Kneffel

Welche Anziehungskraft das Museum tatsächlich entfalten kann, wird sich allerdings erst nach Ablauf des ersten Jahres zeigen, wenn der Besuch nicht mehr kostenlos sein wird.

Und ob der Louvre in Lens jemals mehr als ein Schaufenster für das Stammhaus sein wird und ein eigenes Profil entwickeln kann, werden vor allem die Wechselausstellungen erweisen müssen. Unser Besuch fiel leider in einen Zeitraum, in dem keine temporären Ausstellungen gezeigt wurden. Erst im Dezember werden neue Präsentationen folgen. Ein guter Grund, auf einer der nächsten Fahrten nach Paris oder in andere Regionen des Landes erneut für einige Stunden im hohen Norden Station zu machen.

Louvre Lens © Michael Kneffel

Louvre Lens © Michael Kneffel

Nicht in Frankreich, aber auch schon etwas französisch…

Es ist einige Monate her, dass wir in Frankreich waren. Wie gut, dass es keine 150 km entfernt vom Ruhrgebiet schon einiges zu finden gibt, was unsere Entzugssymptome für einen Tag lindern konnte. Wer errät, wo wir am letzten Samstag waren?

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

© Michael Kneffel

Sommerurlaub auf Quiberon 2 – Mitten im lebendigen Hauptort der Halbinsel

alter Hausgiebel in Quiberon © Michael Kneffel

alter Hausgiebel in Quiberon © Michael Kneffel

Was uns ursprünglich auf die Idee gebracht hat, unseren diesjährigen Sommerurlaub im Ort Quiberon und auf der gleichnamigen Halbinsel zu verbringen, können wir gar nicht mehr sagen. Vielleicht war es die überraschende Begegnung mit einem Hermelin, dem Wappentier des Ortes und der gesamten Bretagne, das plötzlich über eine Hafenmauer lief, als wir Quiberon vor vielen Jahren einen Kurzbesuch abstatteten. Damals trauten wir unseren Augen nicht, und erst als wir später noch einmal einen dieser kleinen Marder an einem gut besuchten Strand in der Nähe von Concarneau sahen, waren  wir bereit, auch die erste Begegnung für real zu halten.

Um es gleich vorweg zu sagen, die Entscheidung für unseren diesjährigen Urlaubsort haben wir in keiner Sekunde bereut. Schon unsere Unterkunft, die Ferienresidenz „Maeva“, ein Appartementhaus mit 66 Zimmern, erwies sich als Glücksfall. Nicht unbedingt wegen der Ausstattung, sondern vor allem wegen der Lage – in unmittelbarer Nähe des alten Ortskerns bei der Kirche und trotzdem sehr ruhig. Bäcker, Cafés, Restaurants, Fisch- und Lebensmittelgeschäfte, ein guter Traiteur…  alles innerhalb von drei Minuten zu Fuß zu erreichen. Der große Wochenmarkt und ein Supermarkt gleich um die Ecke. Bekleidungsgeschäfte mit allem, was der Sommerurlauber in der Bretagne und / oder in dieser Saison so tragen soll, kaum weiter entfernt.

Blick auf den Hauptstrand von Quiberon am frühen Abend © Michael Kneffel

Blick auf den Hauptstrand von Quiberon am frühen Abend © Michael Kneffel

Bis zum beliebten Hauptstrand des Ortes und zur rummeligen Promenade waren etwa 600 Meter zu laufen. Dort geht es ums Sehen und Gesehen-Werden. Die ersten 100 Meter des Strandes waren fest in der Hand von Teenies und denen, die gern noch welche wären. Angesagte Strandmode, coole Sonnenbrillen und braune Haut so dicht an dicht wie die Sardinen in den Dosen, für die Quiberon berühmt ist. Anschließend Strandbars für die älteren Semester mit den größeren Portemonnaies und nach zwei-, dreihundert Metern endlich der Strandabschnitt für diejenigen, die vor allem baden wollen. Unsere Lieblingsstrände lagen noch etwas weiter entfernt, aber immer  im Umkreis von zwei Kilometern – mit unseren Fahrrädern überhaupt kein Problem. Am besten hat uns der kleine, gepflegte Strand von Porigo unmittelbar neben dem Hafen Haliguen gefallen.

familiäre Atmosphäre am Strand von Porigo  © Michael Kneffel

familiäre Atmosphäre am Strand von Porigo © Michael Kneffel

Wer keine eigenen Fahrräder dabei hat, kann in mehreren Fahrradgeschäften welche ausleihen. Wir empfehlen dafür das kleinste Fahrradgeschäft im Ort, direkt neben der großen Post. Gleich am ersten Tag hat uns hier ein  freundlicher älterer Herr den Schleichplatten an einem unserer Falträder  repariert und Tage später eine gebrochene Speiche. Das geschah jeweils bei bester Laune und dauerte nicht länger, als wir brauchten, um in der benachbarten Bar „Le Galopin“ einen Café zu trinken. Die unspektakuläre Bar hat uns vom ersten Moment an gefallen. Hier verbringen viele Geschäftsleute aus der Nachbarschaft ihre Mittagspause – immer ein gutes Zeichen. Als dann noch die Chefin mit größter Selbstverständlichkeit einen Hund von beachtlichen Ausmaßen und entsprechendem Appetit adoptierte und aufpäppelte, der sich herrenlos die Bar als Schlafplatz ausgesucht hatte, war für uns die Sache endgültig klar. Von der Bar-Terrasse aus hatten wir einen guten Blick auf das wuselige Treiben im oberen Teil der Stadt und nicht zuletzt auf die Massen von Urlaubern, die mit ihren Rollkoffern und anderem  Gepäck vom Bahnhof im oberen Teil des Ortes zu den Fähren im Hafen oder umgekehrt eilten. Mehrmals am Tag werden von Quiberon aus die größte bretonische Insel Belle-Ile en Mer, und ihre wesentliche kleineren Nachbarinseln Houat und Hoedic angefahren.

Le Galopin im oberen Teil der Stadt  © Michael Kneffel

Le Galopin im oberen Teil der Stadt © Michael Kneffel

Direkt neben dem „Galopin“ warb ein Patissier, Chocolatier und Glacier mit seiner offiziellen Auszeichnung für die besten Macarons Frankreichs. Wir zogen diesem  schicken Laden allerdings die gegenüber gelegene, sehr bodenständige Bäckerei und Patisserie „3 Marches“ vor und wurden für diese Entscheidung durch sensationelle Torten und Kuchen belohnt. Wenn wir danach noch dazu in der Lage waren, sind wir zum Essen am liebsten in eines der Restaurants am Fischereihafen Port Maria gegangen. Wenige hundert Meter von der belebten Strandpromenade mit ihren rappelvollen Restaurants entfernt wird hier die eindeutig interessantere Küche geboten, zu Preisen, die im selben Maße abnehmen, wie man sich vom Strand entfernt. Relativ spät erst haben wir dann noch das „Tourbillon“ entdeckt, ein sehr stilsicher eingerichtetes Bistrot à Vin an der Place Hoche, etwa hundert Meter von der Strandpromenade entfernt.  Hier kehren vor allem Einheimische ein und genießen die schöne Weinauswahl und viele Kleinigkeiten zum Essen. Sardinen und Räucherfisch-Spezialitäten  aus  ortsansässigen Betrieben stehen immer auf der Karte, dazu kommen nicht selten Tagesgerichte mit Zutaten aus biologischem Anbau.

auch der Lieferwagen des Tourbillon hat Stil  © Michael Kneffel

auch der Lieferwagen des Tourbillon hat Stil © Michael Kneffel

In der Aufzählung unserer Lieblingsadressen in Quiberon darf das „Maison Bleue“ auf keinen Fall fehlen. Wie schon erwähnt, herrscht im Ort kein Mangel an Geschäften aller Preisklassen  mit typisch bretonischen Kleidungstücken, Lebensmitteln, Süßigkeiten und Mitbringseln. Das Angebot im blauen Haus am Fischereihafen bewegt sich allerdings auf einem anderen Niveau. Die Besitzerin Anne Padovani versteht sich als Bewahrerin des kulturellen Erbes ihres Landes und präsentiert  im  Verbund mit drei  anderen bretonischen Restauratorinnen eine geschmackvolle  Auswahl an  Gemälden, Keramiken, Skulpturen, Kleinmöbeln und Stoffen.

Quiberon ist ein sehr lebendiges Städtchen mit einem vielfältigen Angebot, in dem man wahrscheinlich auch noch weit außerhalb der Feriensaison alles vorfindet, was man für einen angenehmen Aufenthalt an der Küste benötigt. Wir haben uns dort sehr wohl gefühlt.

Küste und Meer zwischen Granville und Avranches

Küste bei Granville am Abend © Michael Kneffel

Küste bei Granville am Abend © Michael Kneffel

So viele Fotos, die im Urlaub entstanden sind, verschwinden danach unverdient irgendwo in den Tiefen des Computers. Erst recht Aufnahmen, die irgendwo auf der Hin- oder Rückfahrt aufgenommen wurden und in unserem Kopf gar nicht richtig mit dem Urlaub verbunden sind. Während ich gerade aktuelle Fotos von der Ruhrtriennale bearbeite, bin ich zufällig wieder auf diese beiden gestoßen, die ich in einer kurzen Pause auf dem Weg in die Bretagne gemacht habe. Wir sind dabei nicht etwa am Mittelmeer vorbeigekommen, sondern haben am frühen Abend zwischen Granville und Avranche in der Normandie Halt gemacht und auf die Bucht des Mont Saint Michel geguckt.

in der Bucht des Mont Saint Michel  © Michael Kneffel

in der Bucht des Mont Saint Michel © Michael Kneffel

Sind Möwen religiös?

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Auf dem Dach des Nachbarhauses bietet sich uns ein seltsames Schauspiel. Drei Möwen – um genau zu sein: Silbermöwen – haben damit begonnen, ein Antennenkabel genauestens zu inspizieren. Erst schreiten sie es langsam ab, was nicht einer gewissen Komik entbehrt, weil sich Möwen zu Fuß auf abfallenden Dächern als ziemlich unsicher erweisen. Danach heben sie das Kabel immer wieder an verschiedenen Stellen bedächtig hoch, halten es eine Weile prüfend im Schnabel, um es kurz darauf wieder fallen zu lassen. Das alles geschieht über einen längeren Zeitraum mit großem, fast schon feierlichem Ernst und – ganz im Unterschied zu ihren üblichen Gewohnheiten – nahezu in Stille.  Nur selten fällt ein nachdenkliches „Gack, Gack“.

Geräuschlosigkeit ist wirklich nicht die hervorstechende Eigenschaft von Silbermöwen, wie wir seit dem ersten Urlaubstag wissen. Gegen 6 Uhr morgens ging es los. Ein unglaubliches Geschrei, Gejammer und Gegacker erfüllte den Luftraum über dem alten Ortskern von Quiberon in der Bretagne – und unsere Gehörgänge. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Eine Bande von etwa 12 Silbermöwen startete von den umliegenden Dächern, sobald sich ein Mensch unten im Ort bewegte. Wahrscheinlich trieb die Hoffnung auf etwas Fressbares und gleichzeitig die Angst, es könnte ihnen jemand zuvor kommen – eine andere Möwe oder womöglich eine Krähe oder Elster – die Seevögel in die Luft und zu lärmenden Scheinattacken in Richtung der erhofften Futterquelle. Irritiert standen wir auf dem Balkon unserer Ferienwohnung im dritten Stock, hörten und schauten uns das Spektakel an. Jede Bewegung unsererseits quittierte das Möwengeschwader mit verstärkten Flugbewegungen. Das kann ja heiter werden, dachten wir und verzogen uns wieder in unsere Wohnung und in unser Bett.

Was uns in den ersten Tagen noch als lärmendes Chaos erschienen war, offenbarte sich jedoch bei genauerem Hinhören und -sehen nach und nach als komplexe Choreographie mit fein abgestimmten Solo-, Chor- und Wechselgesängen. Mehr und mehr wurden wir davon überzeugt, dass Möwen zu eindrucksvollen kulturellen Leistungen fähig sind. Die andächtige Hinwendung zum Antennenkabel gab uns allerdings Rätsel auf.

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Tage später wurden wir am frühen Morgen erneut auf die drei aufmerksam. Vom Nebendach erklang in regelmäßigen Abständen ein katzenähnlicher Jammer- und Klagelaut, der uns schließlich auf den Balkon lockte. Der sich uns bietende Anblick war frappierend. Normalerweise standen alle Möwen, die nicht gerade flogen, mit stocksteifen Beinen auf den Dächern herum. Nun aber lag eine von den dreien in einer anbetungsähnlichen, von tiefer Demut zeugenden Haltung vor dem Antennenkabel auf dem Bauch und – wie soll man es anders ausdrücken – sang es an, inbrünstig und mit großer Ausdauer. Die beiden anderen flankierten sie völlig stumm und in der würdevollen Haltung von zwei katholischen Messdienern, was der ganzen Aktion den Charakter eines rituellen Handlung verlieh.

Nun war die Bretagne schon vor Jahrtausenden Schauplatz seltsamer und bis heute weitgehend unverstandener kultischer Handlungen, die in der Regel um tonnenschwere, aufrecht stehende Steine kreisten. Carnac mit seinen mehr als 3000 Menhiren ist keine zwölf Kilometer entfernt. Kann es sein, dass diese Gegend spirituell so aufgeladen ist, dass selbst Möwen…? Natürlich unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und in voller Wertschätzung moderner Massenkommunikationsmittel?

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel