Sommerurlaub auf Quiberon 2 – Mitten im lebendigen Hauptort der Halbinsel

alter Hausgiebel in Quiberon © Michael Kneffel

alter Hausgiebel in Quiberon © Michael Kneffel

Was uns ursprünglich auf die Idee gebracht hat, unseren diesjährigen Sommerurlaub im Ort Quiberon und auf der gleichnamigen Halbinsel zu verbringen, können wir gar nicht mehr sagen. Vielleicht war es die überraschende Begegnung mit einem Hermelin, dem Wappentier des Ortes und der gesamten Bretagne, das plötzlich über eine Hafenmauer lief, als wir Quiberon vor vielen Jahren einen Kurzbesuch abstatteten. Damals trauten wir unseren Augen nicht, und erst als wir später noch einmal einen dieser kleinen Marder an einem gut besuchten Strand in der Nähe von Concarneau sahen, waren  wir bereit, auch die erste Begegnung für real zu halten.

Um es gleich vorweg zu sagen, die Entscheidung für unseren diesjährigen Urlaubsort haben wir in keiner Sekunde bereut. Schon unsere Unterkunft, die Ferienresidenz „Maeva“, ein Appartementhaus mit 66 Zimmern, erwies sich als Glücksfall. Nicht unbedingt wegen der Ausstattung, sondern vor allem wegen der Lage – in unmittelbarer Nähe des alten Ortskerns bei der Kirche und trotzdem sehr ruhig. Bäcker, Cafés, Restaurants, Fisch- und Lebensmittelgeschäfte, ein guter Traiteur…  alles innerhalb von drei Minuten zu Fuß zu erreichen. Der große Wochenmarkt und ein Supermarkt gleich um die Ecke. Bekleidungsgeschäfte mit allem, was der Sommerurlauber in der Bretagne und / oder in dieser Saison so tragen soll, kaum weiter entfernt.

Blick auf den Hauptstrand von Quiberon am frühen Abend © Michael Kneffel

Blick auf den Hauptstrand von Quiberon am frühen Abend © Michael Kneffel

Bis zum beliebten Hauptstrand des Ortes und zur rummeligen Promenade waren etwa 600 Meter zu laufen. Dort geht es ums Sehen und Gesehen-Werden. Die ersten 100 Meter des Strandes waren fest in der Hand von Teenies und denen, die gern noch welche wären. Angesagte Strandmode, coole Sonnenbrillen und braune Haut so dicht an dicht wie die Sardinen in den Dosen, für die Quiberon berühmt ist. Anschließend Strandbars für die älteren Semester mit den größeren Portemonnaies und nach zwei-, dreihundert Metern endlich der Strandabschnitt für diejenigen, die vor allem baden wollen. Unsere Lieblingsstrände lagen noch etwas weiter entfernt, aber immer  im Umkreis von zwei Kilometern – mit unseren Fahrrädern überhaupt kein Problem. Am besten hat uns der kleine, gepflegte Strand von Porigo unmittelbar neben dem Hafen Haliguen gefallen.

familiäre Atmosphäre am Strand von Porigo  © Michael Kneffel

familiäre Atmosphäre am Strand von Porigo © Michael Kneffel

Wer keine eigenen Fahrräder dabei hat, kann in mehreren Fahrradgeschäften welche ausleihen. Wir empfehlen dafür das kleinste Fahrradgeschäft im Ort, direkt neben der großen Post. Gleich am ersten Tag hat uns hier ein  freundlicher älterer Herr den Schleichplatten an einem unserer Falträder  repariert und Tage später eine gebrochene Speiche. Das geschah jeweils bei bester Laune und dauerte nicht länger, als wir brauchten, um in der benachbarten Bar „Le Galopin“ einen Café zu trinken. Die unspektakuläre Bar hat uns vom ersten Moment an gefallen. Hier verbringen viele Geschäftsleute aus der Nachbarschaft ihre Mittagspause – immer ein gutes Zeichen. Als dann noch die Chefin mit größter Selbstverständlichkeit einen Hund von beachtlichen Ausmaßen und entsprechendem Appetit adoptierte und aufpäppelte, der sich herrenlos die Bar als Schlafplatz ausgesucht hatte, war für uns die Sache endgültig klar. Von der Bar-Terrasse aus hatten wir einen guten Blick auf das wuselige Treiben im oberen Teil der Stadt und nicht zuletzt auf die Massen von Urlaubern, die mit ihren Rollkoffern und anderem  Gepäck vom Bahnhof im oberen Teil des Ortes zu den Fähren im Hafen oder umgekehrt eilten. Mehrmals am Tag werden von Quiberon aus die größte bretonische Insel Belle-Ile en Mer, und ihre wesentliche kleineren Nachbarinseln Houat und Hoedic angefahren.

Le Galopin im oberen Teil der Stadt  © Michael Kneffel

Le Galopin im oberen Teil der Stadt © Michael Kneffel

Direkt neben dem „Galopin“ warb ein Patissier, Chocolatier und Glacier mit seiner offiziellen Auszeichnung für die besten Macarons Frankreichs. Wir zogen diesem  schicken Laden allerdings die gegenüber gelegene, sehr bodenständige Bäckerei und Patisserie „3 Marches“ vor und wurden für diese Entscheidung durch sensationelle Torten und Kuchen belohnt. Wenn wir danach noch dazu in der Lage waren, sind wir zum Essen am liebsten in eines der Restaurants am Fischereihafen Port Maria gegangen. Wenige hundert Meter von der belebten Strandpromenade mit ihren rappelvollen Restaurants entfernt wird hier die eindeutig interessantere Küche geboten, zu Preisen, die im selben Maße abnehmen, wie man sich vom Strand entfernt. Relativ spät erst haben wir dann noch das „Tourbillon“ entdeckt, ein sehr stilsicher eingerichtetes Bistrot à Vin an der Place Hoche, etwa hundert Meter von der Strandpromenade entfernt.  Hier kehren vor allem Einheimische ein und genießen die schöne Weinauswahl und viele Kleinigkeiten zum Essen. Sardinen und Räucherfisch-Spezialitäten  aus  ortsansässigen Betrieben stehen immer auf der Karte, dazu kommen nicht selten Tagesgerichte mit Zutaten aus biologischem Anbau.

auch der Lieferwagen des Tourbillon hat Stil  © Michael Kneffel

auch der Lieferwagen des Tourbillon hat Stil © Michael Kneffel

In der Aufzählung unserer Lieblingsadressen in Quiberon darf das „Maison Bleue“ auf keinen Fall fehlen. Wie schon erwähnt, herrscht im Ort kein Mangel an Geschäften aller Preisklassen  mit typisch bretonischen Kleidungstücken, Lebensmitteln, Süßigkeiten und Mitbringseln. Das Angebot im blauen Haus am Fischereihafen bewegt sich allerdings auf einem anderen Niveau. Die Besitzerin Anne Padovani versteht sich als Bewahrerin des kulturellen Erbes ihres Landes und präsentiert  im  Verbund mit drei  anderen bretonischen Restauratorinnen eine geschmackvolle  Auswahl an  Gemälden, Keramiken, Skulpturen, Kleinmöbeln und Stoffen.

Quiberon ist ein sehr lebendiges Städtchen mit einem vielfältigen Angebot, in dem man wahrscheinlich auch noch weit außerhalb der Feriensaison alles vorfindet, was man für einen angenehmen Aufenthalt an der Küste benötigt. Wir haben uns dort sehr wohl gefühlt.

Sind Möwen religiös?

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Auf dem Dach des Nachbarhauses bietet sich uns ein seltsames Schauspiel. Drei Möwen – um genau zu sein: Silbermöwen – haben damit begonnen, ein Antennenkabel genauestens zu inspizieren. Erst schreiten sie es langsam ab, was nicht einer gewissen Komik entbehrt, weil sich Möwen zu Fuß auf abfallenden Dächern als ziemlich unsicher erweisen. Danach heben sie das Kabel immer wieder an verschiedenen Stellen bedächtig hoch, halten es eine Weile prüfend im Schnabel, um es kurz darauf wieder fallen zu lassen. Das alles geschieht über einen längeren Zeitraum mit großem, fast schon feierlichem Ernst und – ganz im Unterschied zu ihren üblichen Gewohnheiten – nahezu in Stille.  Nur selten fällt ein nachdenkliches „Gack, Gack“.

Geräuschlosigkeit ist wirklich nicht die hervorstechende Eigenschaft von Silbermöwen, wie wir seit dem ersten Urlaubstag wissen. Gegen 6 Uhr morgens ging es los. Ein unglaubliches Geschrei, Gejammer und Gegacker erfüllte den Luftraum über dem alten Ortskern von Quiberon in der Bretagne – und unsere Gehörgänge. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Eine Bande von etwa 12 Silbermöwen startete von den umliegenden Dächern, sobald sich ein Mensch unten im Ort bewegte. Wahrscheinlich trieb die Hoffnung auf etwas Fressbares und gleichzeitig die Angst, es könnte ihnen jemand zuvor kommen – eine andere Möwe oder womöglich eine Krähe oder Elster – die Seevögel in die Luft und zu lärmenden Scheinattacken in Richtung der erhofften Futterquelle. Irritiert standen wir auf dem Balkon unserer Ferienwohnung im dritten Stock, hörten und schauten uns das Spektakel an. Jede Bewegung unsererseits quittierte das Möwengeschwader mit verstärkten Flugbewegungen. Das kann ja heiter werden, dachten wir und verzogen uns wieder in unsere Wohnung und in unser Bett.

Was uns in den ersten Tagen noch als lärmendes Chaos erschienen war, offenbarte sich jedoch bei genauerem Hinhören und -sehen nach und nach als komplexe Choreographie mit fein abgestimmten Solo-, Chor- und Wechselgesängen. Mehr und mehr wurden wir davon überzeugt, dass Möwen zu eindrucksvollen kulturellen Leistungen fähig sind. Die andächtige Hinwendung zum Antennenkabel gab uns allerdings Rätsel auf.

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Tage später wurden wir am frühen Morgen erneut auf die drei aufmerksam. Vom Nebendach erklang in regelmäßigen Abständen ein katzenähnlicher Jammer- und Klagelaut, der uns schließlich auf den Balkon lockte. Der sich uns bietende Anblick war frappierend. Normalerweise standen alle Möwen, die nicht gerade flogen, mit stocksteifen Beinen auf den Dächern herum. Nun aber lag eine von den dreien in einer anbetungsähnlichen, von tiefer Demut zeugenden Haltung vor dem Antennenkabel auf dem Bauch und – wie soll man es anders ausdrücken – sang es an, inbrünstig und mit großer Ausdauer. Die beiden anderen flankierten sie völlig stumm und in der würdevollen Haltung von zwei katholischen Messdienern, was der ganzen Aktion den Charakter eines rituellen Handlung verlieh.

Nun war die Bretagne schon vor Jahrtausenden Schauplatz seltsamer und bis heute weitgehend unverstandener kultischer Handlungen, die in der Regel um tonnenschwere, aufrecht stehende Steine kreisten. Carnac mit seinen mehr als 3000 Menhiren ist keine zwölf Kilometer entfernt. Kann es sein, dass diese Gegend spirituell so aufgeladen ist, dass selbst Möwen…? Natürlich unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und in voller Wertschätzung moderner Massenkommunikationsmittel?

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Möwe über Quiberon © Michael Kneffel

Vor und nach dem Sturm

Innerhalb kürzester Zeit kann an der Küste der Bretagne das Wetter umschlagen – auch im Hochsommer. Von strahlendem Sonnenschein zu Weltuntergang. Schaum fliegt vom aufgepeitschten Meer hoch bis auf die Klippen oder sammelt sich als Teppich an den Stränden. Wenn der Sturm losbricht, geht niemand mehr freiwillig ins Freie. Aber die Minuten davor und danach sind großartig.

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Côte Sauvage © Michael Kneffel

Sommerurlaub auf Quiberon 1 – An der wilden Küste, der Côte Sauvage

Quiberons wilde Seite, die Côte Sauvage © Michael Kneffel

Quiberons wilde Seite, die Côte Sauvage © Michael Kneffel

Wir sitzen mal wieder in der Crêperie „Avel Mor“ im kleinen und beschaulichen Hafen von Portivy auf der Halbinsel Quiberon in der Bretagne. Ende Juli, Hochsaison. Mittags ist hier jeder Stuhl besetzt, und es lässt sich nicht vermeiden, das eine oder andere Gespräch in der Nachbarschaft mitzuhören. Am Nebentisch versteht eine Kellnerin nicht die Frage eines französischen Urlaubers, und der Urlauber nicht ihre Antworten. Gefragt hatte der Gast nach der schönsten Stelle an der Côte Sauvage, Quiberons wilder Westküste, und die junge Frau schildert ihm mit großer Begeisterung, in immer neuen Anläufen und immer detail- und wortreicher die Schönheit dieses etwa sieben Kilometer langen, felsigen Küstenabschnitts.

Nach fast zwei Wochen Urlaub auf der Halbinsel würden wir jedes Wort von ihr unterschreiben, verstehen aber auch, warum die Kommunikation zwischen den beiden so gar nicht funktionieren will: Die schönste Stelle an der Côte Sauvage gibt es nämlich nicht. Die gesamten sieben Kilometer sind eine Wucht, und alle paar Meter gibt es neue umwerfende Aussichten auf die Felsen und das Meer. Fast täglich sind wir mit unseren Fahrrädern die schmale, kurvige Küstenstraße abgefahren, haben unzählige Male angehalten und konnten uns nicht satt sehen. Je nach Tageszeit, Wasserstand und Wetter gab es Neues zu entdecken.

Felsenlandschaft in der Bucht Port Bara © Michael Kneffel

Felsenlandschaft in der Bucht Port Bara © Michael Kneffel

Mal führt die Straße ganz nah an den Klippen vorbei, mal in größerer Entfernung über Anhöhen, die weite Blicke eröffnen. An mehreren Stellen biegen Wege zu einzelnen Buchten ab und enden in gebührendem Abstand auf Parkplätzen, von denen man zu Fuß weiter gehen muss. In früheren Jahren hatte dieses großartige Stück Natur so sehr unter dem Ansturm der Besucher gelitten, dass nun große Flächen oberhalb der Felsen durch einen Draht abgetrennt sind, der über kniehohe Holzpfosten gespannt ist. Auf Tafeln werden die Besucher gebeten, auf den Fußwegen zu bleiben und die Vegetation zu schonen. Erfreulicherweise funktioniert diese eher symbolische Absperrung sehr gut. Nur wenige Menschen betreten die abgesperrten Flächen, so dass sich auch die dort lebenden Vögel einigermaßen sicher fühlen können.

Ein junger Turmfalke sitzt nur wenige Meter entfernt vom Wanderweg © Michael Kneffel

Ein junger Turmfalke sitzt nur wenige Meter entfernt vom Wanderweg © Michael Kneffel

An der ganzen Côte Sauvage gilt striktes Badeverbot, weniger aus Gründen des Naturschutzes als wegen der Gefahr, die von den mitunter eindrucksvollen Wellen ausgehen, die gegen die Felsen krachen. Unbeeindruckt von dem Verbot zeigen sich vor allem die einheimischen Surfer, denen die Wellen gar nicht hoch genug sein können und die es besonders dann scharenweise in die einschlägigen Buchten treibt, wenn sich vorher ein Unwetter über dem Meer ausgetobt hat. In der Urlaubssaison ziehen sie viele Zuschauer an, von denen sich nicht wenige in denselben engen Buchten zum Baden in die Wellen stürzen. Dabei riskieren sie nicht nur, dass ihnen heftige Wellen die Beine wegziehen, sondern außerdem, dass sie von den Surfern im wahrsten Sinne des Wortes überfahren werden.

Badende und Surfer riskieren Kopf und Kragen © Michael Kneffel

Badende und Surfer riskieren Kopf und Kragen © Michael Kneffel

Die Côte Sauvage läßt sich auch mühelos erwandern. Unmittelbar über dem Meer führt ein schmaler Weg von Bucht zu Bucht und von Aussicht zu Aussicht. Er beginnt im Norden in Portivy und endet im Süden am nicht zu übersehenden Château Turpault am Rande des Hauptortes der Halbinsel, der ihr den Namen gegeben hat. Die einzige Einkehrmöglichkeit findet sich erst wieder etwa anderthalb Kilometer vor dem Ort Quiberon. Das hier sehr schön gelegene Restaurant „Le Vivier“ ist wegen seiner Austern und Meeresfrüchte im weiten Umkreis sehr beliebt und in der Hauptsaison mittags und abends in der Regel ausgebucht. Wer auf der Terrasse die Aussicht in Ruhe genießen möchte, plant seine Küstenwanderung, die eher ein langer Spaziergang ist, am besten so, dass er noch am Vormittag „Le Vivier“ erreicht und dort seinen Café nimmt.

Anfangs- oder Endpunkt der Küstenwanderung ist das Château Thurpault © Michael Kneffel

Anfangs- oder Endpunkt der Küstenwanderung ist das Château Turpault © Michael Kneffel

Mein Foto der Woche – der Felsenbogen von Port Blanc auf Quiberon

Felsbogen von Port Blanc © Michael Kneffel

Felsenbogen von Port Blanc  © Michael Kneffel

Diesen Sommerurlaub haben wir auf der Halbinsel Quiberon in der Bretagne verbracht. Das Foto der Woche zeigt den Felsbogen von Port Blanc (Porz Guen) an der Côte Sauvage, eine der vielen Sehenswürdigkeiten dieser großartigen Urlaubsregion. In Kürze folgt ein ausführlicher Bericht mit vielen Fotos.