Les Sables d´Olonne im Juli – Frankreich pur und in Bestform

Vor fast 30 Jahren kamen wir zum ersten Mal nach Les Sables d´Olonne. Hinter uns lag eine wunderbare dreiwöchige Radtour durch den Südwesten Frankreichs. Vor der Heimfahrt wollten wir noch einige Tage das Meer und den Strand genießen und hatten uns dafür auf der Karte diesen Ort ausgeguckt. Nach den sehr ruhigen Fahrten durch die Wäldern der Landes und die Weinbaugebiete rechts und links der Gironde, war die Stadt fast ein Schock für uns. Der volle Strand, die Menschenmenge am Hafen, die belebten Gassen der Altstadt, so etwas waren wir nicht mehr gewohnt. Wir schwankten zwischen zwischen Faszination und Reizüberflutung. Unvergessen blieben uns in den folgenden Jahren aber die abendlichen Stunden auf der Promenade. In gebührenden Abständen präsentierten sich Akrobaten, Clowns und Musiker mit Gitarren oder Akkordeons. Und wenn letztere alte Chansons z. B. von Edith Piaf anstimmten, blieben dutzende Menschen aller Altersklassen stehen und sangen ganz selbstverständlich und aus tiefer Seele mit. Alle kannten die Texte auswendig. Die Atmosphäre war einfach wunderbar, sehr familiär, sehr entspannt und sehr französisch. Hier machte das Bürgertum Urlaub, Handwerker, Angestellte und Beamte der mittleren Einkommensklassen mit ihren Familien, vorwiegend aus der näheren Umgebung, wie man an den Autokennzeichen erkennen konnte. Es gab kein Chi Chi und kein Bling Bling, ganz anders als an der Cote d´Azur.

alte Ansicht von Les Sables aus den 80er Jahren

alte Ansicht von Les Sables aus den 80er Jahren

Nach einer sehr langen Pause hatten wir uns in diesem Jahr wieder für Les Sables als Urlaubsort entschieden. Wie hat sich die Stadt verändert? Werden die Menschen immer noch abends auf der Promenade singen und tanzen? An einem Sonntag Mitte Juli erreichen wir am späten Mittag unsere Unterkunft auf dem Cour Blossac. Es ist über 30 Grad heiß. Kein freier Parkplatz weit und breit. Zum Glück haben wir einen Platz in der Tiefgarage unseres Apartmenthauses reserviert und können im Kühlen auspacken und unser Apartment beziehen. Das Auto werden wir bis zu unserer Abreise keinen Millimeter mehr bewegen. Auch die mitgenommenen Räder werden viel seltener als anderen Orten zum Einsatz kommen. Dabei ist Les Sables ein sehr fahrradfreundlicher Ort. Es zeigt sich aber in den kommenden zwei Wochen, dass in fußläufiger Entfernung so viel Interessantes und Angenehmes zu finden ist, dass wir gar keine Lust auf größere Ausflüge haben. Sofort nach dem Auspacken ziehen wir unsere Badesachen an und gehen zum Strand. Nach etwa 60 Metern erreichen wir die Promenade und blicken zum ersten Mal auf´s Meer. Der Himmel strahlendblau, das Meer türkisfarben, sanfte Wellen an einem breiten, hellen Strand, Strandzelte und Sonnenschirme. Wir hören Möwen, das leichte Rauschen des Wassers und die Stimmen der Menschen, die sich am Strand vergnügen. So klingt der Sommer. Auf  der Promenade und dem Strand herrscht Hochbetrieb. Drei Minuten später sind wir im Wasser. Was für eine Wohltat bei diesen Temperaturen und nach einer zweitägigen Autofahrt. Sehr viele Mitschwimmer haben wir nicht gerade, was wohl an der Wassertemperatur von 19 Grad liegen mag. Das Wasser wirkt sehr sauber, und in zwei Wochen werden wir keinen Müll am Strand sehen, weder angeschwemmten noch von den Badenden hinterlassenen.

 

 

Auf dem Remblai

Kaum haben wir uns in unserer Unterkunft geduscht und umgezogen, zieht es uns schon wieder raus auf den Remblai, wie hier die Promenade heißt. In den folgenden zwei Wochen werden wir hier mehr Zeit verbringen als irgendwo anders in der Stadt. Vom frühen Morgen bis Mitternacht gibt es ständig etwas zu sehen. Um die 20 Cafés, Restaurants, Brasserien, Creperien laden hier auf über einem Kilometer Länge zum Essen, Trinken und Verweilen ein. Dazwischen verführen einige kleine Geschäfte mit mehr oder weniger nützlichen Dingen zum Stöbern und Geldausgeben. Dazu kommen Events rund um das Thema Segeln, verschiedene Märkte und Werbeveranstaltungen aller möglichen Unternehmen, welche die Badeorte an der Küste abklappern und zentnerweise Werbegeschenke verteilen. Möglich werden die vielen kleinen Events und Veranstaltungen erst dadurch, dass Autos hier nur einspurig, nur in eine Richtung und nur sehr langsam fahren dürfen. Die andere Hälfte der Fahrbahn ist für Radfahrer reserviert. Abends und an den Wochenenden wird die Promenade ganz für Motorfahrzeuge gesperrt. Erfreulicherweise bietet der Remblai auch unzählige Sitzmöglichkeiten für diejenigen, die gerade nichts konsumieren möchten, neben etlichen Bänken nicht zuletzt die Mauer über dem Strand.

 

Das schönste Café auf dem Remblai und in ganz Les Sables ist für uns das „L´Ocean Café“. Nach einem Brand im Jahre 2014 wurde es geschmackvoll und viel Liebe zum Detail im Stil einer Pariser Brasserie wieder aufgebaut. Der sympathische Besitzer freut sich, wenn er bei seinen Gästen Interesse an der Ausstattung bemerkt, und erzählt dann gern aus die Geschichte des 1874 geründeten Betriebes. Wert auf eine besondere Einrichtung hat man auch im „Café de la Plage“ gelegt, wo eine Innenwand eine verwitterte alte Byrrh-Reklame zeigt, wie sie früher in ganz Frankreich auf den Hauswänden zu sehen war. Eine andere Wand verweist mit einem Bild des Kommissars Maigret darauf, dass George Simenon einen Kriminalfall in Les Sables spielen und den trinkfreudigen Ermittler einige Gläser in eben diesem Café nehmen ließ. Aber auch Essen kann man hier gut, das Tagesmenue mit drei Gängen z.B. für knapp 16 Euro. Auf diesen Preis scheinen sich die meisten Restaurants in der Stadt verständigt zu haben, auch die etwa 30 bis 40 weiteren am Hafen. Ein spätes Glas Wein oder Bier haben wir gerne in der Brasserie „Comete“ getrunken, am Südende der Promenade. Insgesamt hat uns das Preisniveau in Les Sables angenehm überrascht. Es liegt spürbar niedriger als in anderen Küstenorten, die wir in den letzten Jahren besucht haben. In unserem Lieblingsrestaurant, dem „Terre et Mer“, haben wir für den genannten Preis nicht nur gut, sondern sogar ausgezeichnet gegessen. In unserer Heimatstadt Essen müßte man für ein Menue vergleichbarer Qualität mindestens das Dreifache bezahlen. Das „Terre et Mer“ liegt allerdings am Hafen, und zwar auf der Seite von La Chaume, von unserem Apartment einen guten Kilometer zu Fuß und eine Überfahrt mit der Hafenfähre entfernt. Gelohnt hat sich dieser Weg aber jedes Mal.

 

 

Live-Musik

Gegen 20 Uhr beginnt das Unterhaltungsprogramm auf dem Remblai. Sänger nur mit Gitarre oder Akkordeon, die Edith-Piaf-Chansons vortragen, haben wir leider nicht mehr erlebt, dafür fast jeden Abend drei Bands mit Verstärker- und Lichtanlage, verteilt auf drei Standorte. Die drei Musiker unserer Lieblingsband „Leonie“ stammen aus Les Sables und der Surfer-Szene der Stadt. Im Sommer touren sie mit ihrem Gute-Laune-„Surf-Pop“ und sehr eingängigen Ohrwürmern von einem Küstenort zum anderen, kommen aber regelmäßig in ihren Heimatort zurück. Die große Fangemeinde kennt alle Texte auswendig und singt begeistert mit. Von allen Bands, die wir gehört haben, war „Leonie“ mit Abstand die professionellste und beste.

 

Aber auch bei anderen Bands sind wir immer wieder gern stehen geblieben oder haben ihnen von der Terrasse des Cafés gegenüber zugehört. Neben den Live-Auftritten auf dem Remblai gab es noch diverse kostenlose Musikveranstaltungen im Museum des Ortes, im Jardin du Tribunal und anderswo, u. a. im Rahmen des Festivals „Vague de Jazz“. Besonders beeindruckt hat uns ein Auftritt der vier Saxophonisten von „Quatuor Machaut“, die im Kreuzgang der ehemaligen Abbaye Sainte-Croix alte und zeitgenössische Kompositionen mit eigenen Improvisationen verbanden. Musikalisch der Höhepunkt unseres Urlaubs. Das vielfältige und durchaus  anspruchsvolle Unterhaltungsprogramm unterscheidet Les Sables von vielen anderen Orten an der französischen Küste. In zwei Wochen und bei vielen Hundert Flaneuren fast an jedem Abend haben wir nie Betrunkene gesehen, nie Aggressionen oder Imponiergehabe erlebt. Es gab keine Glasscherben und keinen Abfall auf der Straße. Für Menschen, die aus dem Ruhrgebiet kommen, war das eine ungewohnte und überaus angenehme Erfahrung.

 

 

Akrobaten und Animateure

Mindestens so viele Zuschauer wie die Bands hatten verschiedene Akrobaten, Streetdancer und Animateure, die das Publikum in Bewegung brachten. Besonders beliebt waren die Jungs von „Streetsmile“, Breakdancer, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die ganz Jungen einzubeziehen und zum Lachen zu bringen. Während die Bands und Streetsmiler so professionell waren, immer wieder ihre Facebook- und Instagram-Adressen zu nennen, blieben die Namen der meisten Artisten leider unbekannt.

 

 

Stadt und Architektur

Blickt man aus größerer Entfernung auf Les Sables, dominieren die Apartmenthochhäuser an der Remblai das Stadtbild. Nicht unbedingt ein schöner  Anblick. Je näher man der Stadt kommt, fallen einem jedoch die vielen alten Villen ins Auge, die an der Promenade und in den Straßen dahinter die Bauwut früherer Jahrzehnte überlebt haben. In diesem Jahrzehnt hat Les Sables große Anstrengungen unternommen, seine architektonischen Kostbarkeiten zu schützen und herauszuputzen. Liebhaber der Bäderarchitektur kommen hier durchaus auf ihre Kosten.

 

Vor dem Tourismusboom lebte der Ort vom Salzhandel, dem Fischfang und der Konservenproduktion. Von diesen Industrien sind nur die Salzgewinnungsbecken in den nördlichen Nachbargemeinden und eine kleine Fischfangflotte übrig geblieben. Im Ortskern zwischen Remblai und Hafen findet man aber noch viele kleine Arbeiter- und Fischer-Häuser. Das Gleiche gilt für den Ortsteil La Chaume auf der anderen Hafenseite, den mancher Einheimische als das wahre, ursprünglichere Les Sables bezeichnet. Aber auch dort welchseln immer mehr Häuser die Besitzer, werden zu Feriendomizilen für wenige Wochen im Jahr. Viele Alteingesessene können sich das Wohnen im Ort nicht mehr leisten, wie die Stadtführerin Priscilla berichtete, mit der wir an zwei Nachmittagen durch Les Sables und La Chaume gewandert sind. Neben den kleinen Häusern ist die verwinkelte Anlage der Straßen in den älteren Ortsteilen typisch. Beim Bau der Stadt wollte man vermeiden, dass die stürmischen Seewinde durch gerade Straßenzüge fegen und Kälte und Zerstörungen bringen. Viele der Verbindungsstraßen sind so schmal, dass sich dort Fußgänger und Radfahrer nur bei gegenseitiger Rücksichtnahme begegnen können. Die Rue de l´Enfer, als schmalste Straße der Welt im Guiness-Buch der Rekorde vermerkt, ist an ihrem unteren Ende sogar nur noch 40 Zentimeter breit.

 

Wer zum ersten Mal nach Les Sables kommt, wird einige Mühe haben, sich in den Gassen zu orientieren. Unfreiwillige Umwege lassen einen aber immer wieder auch Neues entdecken wie z. B. die Muschelmosaiken an den Wänden des Quartiers de l´Ile Penotte. Spaziergänge werden auf diese Weise nie langweilig. Zwischen Strand und Hafen befinden sich natürlich auch noch eine große Markthalle mit einem beachtlichen täglichen Lebensmittelangebot sowie etliche Geschäfte mit allem, was man zum täglichen Leben und im Urlaub benötigt. Die Geschäftsstraßen sind zum Glück längst in Fußgängerzonen umgewandelt worden. In den befahrbaren Straßen wird es im Juli mitunter etwas mühsam für die Fußgänger, sich zwischen parkenden Autos und Hauswänden hindurchzuschlängeln. Um den Verkehr zu reduzieren, bietet Les Sables wie andere Küstenorte auch inzwischen einen kostlosen Busverkehr an, der alle wichtigen Punkte der Stadt miteinander verbindet.

im Süden der Strand, im Norden der Hafen, im Osten La Chaume - eigentlich ganz einfach / Auszug aus dem Stadtplan, Quelle: Office de Tourisme

im Süden der Strand, im Norden der Hafen, im Westen La Chaume – eigentlich ganz einfach / Auszug aus dem Stadtplan, Quelle: Office de Tourisme

 

Schon am ersten Tag unseres Urlaubs haben wir uns gefragt, warum wir so viele Jahre haben verstreichen lassen bis zu unserer Rückkehr nach Les Sables. Die Stadt hat nichts von ihrem ganz besonderen Charme verloren. Hier ist Frankreich ganz bei sich. Mit Sicherheit werden wir auch im nächsten Jahr unseren Urlaub dort verbringen. Zwei Wochen haben längst nicht ausgereicht, den ganzen Ort näher kennen zu lernen, von der Umgebung ganz zu schweigen. Am schönsten sei es im Winter in Les Sables, hat uns der Patron des L´Ocean Cafés versichert. Warum nicht? Auch im Juli war es mitunter ganz schön windig. Der Begeisterung für diesen herrlichen Badeort hat das keinen Abbruch getan. Im Gegenteil.

 

 

Trouville-sur-Mer im Juli

Im Sommer hatte es lange Zeit nicht danach ausgesehen, aber dann haben wir es doch noch geschafft, zwei Wochen in Urlaub zu fahren. Nach den guten Erfahrungen im letzten Herbst und aus verschiedenen praktischen Gründen haben wir uns entschieden, erneut nach Trouville-sur-Mer zu fahren. Die normannische Küste ist einigermaßen komfortabel innerhalb eines Tages vom Ruhrgebiet aus zu ereichen und auch in der Hochsaison nicht ganz so überrannt wie andere Urlaubsregionen in Frankreich. Tatsächlich haben wir relativ kurzfristig wieder ein kleines Apartment mit Seeblick in der Résidence Les Tamaris bekommen. Das Haus gehört zu den einfacheren der Gruppe Pierre & Vacances, liegt aber sehr schön hoch über dem Ort und verfügt über eine unschlagbare Aussicht auf das Meer, auf die schönsten Strandhäuser der Stadt und auf das Treiben auf dem Strand. Über eine Treppe und einen Privatweg ist das Wasser nach 250 Metern erreicht, bis zu den ersten Restaurants am Strand sind es keine 900 Meter und auch das mondänere Deauville auf der anderen Seite der Touques ist keine 2 Kilometer entfernt, wenn man die kleine Fähre oder – bei Ebbe – den Übergang im Hafen benutzt. Entlang dieses zur jeder Tageszeit reizvollen Weges findet sich alles, was einen Urlaub an der französischen Küste zum Vergnügen macht: Gastronomie in allen Facetten und Preisklassen, ein entspanntes Strandleben, großartige Architektur, das Museum in der prächtigen Villa Montebello, Sportanlagen, Fischkutter im Hafen mit Direktverkauf, Meeresfrüchte aller Art zu fairen Preisen… Uns hat es am Nachmittag immer wieder ins Strandcafé Au Grain de Sable gezogen, vor dem sich die Boule-Experten trafen. Aber auch an der Patisserie von Charlotte Corday am Hafen mit ihren herrlichen Kuchen konnten wir mehr als einmal nicht vorbei gehen. Das Auto haben wir zwei Wochen lang keinen Meter mehr bewegt. Großartig waren  die langen Strandwanderungen bei Niedrigwasser in das knapp fünf Kilometer entfernte kleine Villerville. Auch für unsere Ausflüge ins etwa 16 Kilometer entfernte Honfleur, das jeden Tag von Touristen aus aller Welt geradezu geflutet wurde, haben wir lieber den  öffentlichen Bus genommen, um langes Parkplatzsuchen zu vermeiden.

Alles in allem hat uns Trouville auch im Hochsommer wieder sehr gut gefallen, und wir werden dort nicht zum letzten Mal gewesen sein. Einziger Wermutstropfen: die schlechte Wasserqualität. In den ersten Tagen, als der Wind noch frisch und das Meer sehr lebhaft waren, haben wir uns gern in die hohen Wellen geworfen. Als es aber immer heißer und das Meer an manchen Tagen nahezu spiegelglatt wurde, war leider nicht mehr zu übersehen, wieviel Schmutz das Wasser mit sich trägt – nahe der Seine-Mündung, in Sichtweite von Le Havre und angesichts des enormen Schiffsverkehrs im Ärmelkanal eigentlich auch kein Wunder. Gebadet haben wir in der zweiten Woche nicht mehr.

(Gelegentlich zeigt WordPress unter meinen Beiträgen Werbung, mitunter ziemlich seltsame. Ich habe darauf keinen Einfluss.)

Fondation Louis Vuitton – neue Aussichtsplattform für Paris

Fondation Luis Vuitton © Michael Kneffel

Fondation Louis Vuitton © Michael Kneffel

Als der französische Multimilliadär Bernard Arnault, Herrscher über den Luxusartikelkonzern LVHM Moet Hennessy -Louis Vuitton, vor acht Jahren die Stiftung Louis Vuitton gründete und den Stararchitekten Frank O. Gehry beauftragte, ein Haus für seine private Kunstsammlung in den Bois de Boulogne zu bauen, war schon klar, dass Paris eine neue spektakuläre Attraktion bekommen würde. Seit Oktober letzten Jahres ist das Gebäude mit dem Namen „Fondation Louis Vuitton“ eröffnet und zieht seitdem Massen kunstsinniger Touristen in den Park im Westen der Stadt. Wie ein Schiff unter vollen Segeln scheint die Konstruktion aus Glas, Stahl und Beton mit ihrem treppenartigen Brunnen an der Nordspitze in die weite See zu stechen.

Fondation Luis Vuitton © Michael Kneffel

Fondation Louis Vuitton © Michael Kneffel

Bei unserem letzten Parisbesuch im Dezember waren wir natürlich auch neugierig, buchten die Tickets vorab im Internet und nutzten den preiswerten Busshuttle (1 Euro pro Person) von der Haltestelle in der Avenue de Friedland, nur wenige Meter vom Arc de Triomphe entfernt. Wir hatten Glück und bekamen gleich im ersten Bus zwei Plätze. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Busse sind klein und der Andrang ist beachtlich. Auch die Schlange am Eingang der neuen Sehenswürdigkeit konnten wir dank unseres Onlinetickets links liegen lassen und sofort zuerst den Park und dann das spektakuläre Architekturobjekt entern. Kaum im Gebäude angekommen zog es uns – wie die meisten anderen Besucher – schnell wieder über eine der vielen Treppen nach draußen. Auf verschiedenen Ebenen bieten zahlreiche Plattformen interessante Perspektiven in die Außenhülle des Gebäudes – und natürlich auf Paris!

Fondation Luis Vuitton © Michael Kneffel

Fondation Louis Vuitton © Michael Kneffel

Über den Nordteil des Bois de Boulogne hinweg geraten immer wieder die Hochhäuser von La Defense mit der Grand Arche in den Blick, in der Gegenrichtung ist der Eiffelturm zu sehen und animiert die Besucher zu unzähligen Fotos und Selfies.

Fondation Luis Vuitton © Michael Kneffel

Fondation Louis Vuitton © Michael Kneffel

Insgesamt hatten wir den Eindruck, dass die meisten Besucher weniger am Inhalt als vielmehr am Gebäude selbst und der Aussicht auf die Stadt interessiert waren. Uns ging es ähnlich, zumal die Ausstellungsräume zwar viel teure Kunst bargen, aber Wolfgang Tillmanns, Alberto Giacometti, Nam Jun Paik, Sigmar Polke und Thomas Schütte – um nur einige Künstler der aktuellen Ausstellung zu nennen -, wirkten schon etwas beliebig zusammengestellt und sind auch anderswo nicht gerade selten zu sehen.

Die Hauptattraktion ist zur Zeit noch das Gebäude, eine begehbare Großskulptur mit schöner Aussicht auf Paris.

Fondation Luis Vuitton © Michael Kneffel

Fondation Louis Vuitton © Michael Kneffel

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Die Küste der Picardie 3 – entlang der Steilküste von Mers-les-Bain nach Bois-de-Cise

das Meer bei Mers-les-Bains im Winter (c) Michael Kneffel

Es ist kalt. Es ist  windig. Und es ist wunderbar. Wir stehen Ende Dezember hoch über dem Meer und schauen in ein konturloses Grau-Türkis, zu dem sich Wolken und Wasser verbunden haben. Nicht auszuschließen, dass wir in den nächsten Stunden noch Regen abbekommen werden. Aber egal. Eine der schönsten Unternehmungen an der Küste der Picardie und ein absolutes Muss bei jedem unserer Besuche ist die Wanderung von Mers-les-Bains nach Bois-de-Cise. Bei fast jedem Wetter.

Für die knapp vier Kilometer sollte man viel Zeit einplanen, zum einen wegen etlicher Höhenmeter, die zu überwinden sind, mitunter auf ziemlich steilen Wiesen, zum anderen wegen der grandiosen Aussicht, die einen immer wieder anhalten und einfach nur schauen lässt.

Steilküste zwischen Mers-les-Bains und Bois-de-Cise (c) Michael Kneffel

Beginnend an der Statue „Notre Dame de la Falaise“, die hoch oberhalb von Mers-les-Bains steht, führt ein spektakulärer Fußweg immer am Rand der Klippen entlang nach Bois-de-Cise.

Nur wenige Meter neben dem Fußweg geht es an manchen Stellen bis zu 100 Meter senkrecht abwärts. In den Kreidefelsen leben jede Menge Seevögel, die sich hier gut beobachten lassen und ihrerseits auch gern ein Auge auf die Wanderer werfen. Das Meer unterhalb der Felsen leuchtet vom ständig abbröckelnden und sich auflösenden hellen Kalkstein in einem fast unwirklich schönen Blau-Grün. Auf der anderen Seite des Weges erstrecken sich im Sommer anfangs große Getreidefelder, später satte grüne Weiden. Ab und zu muss ein Zaun an vorbereiteten Über- oder Durchgängen überwunden werden, und gelegentlich muss man eine Herde gutmütiger Rindviecher entweder durchqueren oder weitläufig umgehen – je nach Mentalität und Mut.

Villen in Bois-de-Cise (c) Michael Kneffel

Bois-de-Cise wurde ebenso wie Mers-les-Bains auf dem Reißbrett als Sommerfrische geplant und ab 1898 in relativ kurzer Zeit in einem bewaldeten, langen Tal erbaut, das sich zum Meer öffnet. Bis heute ist Bois-de-Cise eher eine Feriensiedlung, bestehend aus repräsentativen Belle-Époque-Villen, als ein lebendiger Ort mit entsprechender Infrastruktur. Außerhalb der Hauptsaison begegnet man hier nur wenigen Menschen, und es empfiehlt sich, ausreichend Verpflegung und Wasser für die Wanderung einzupacken. In den Hauptferienmonaten hat dagegen auch das Restaurant des Ortes geöffnet und gelegentlich findet ein Flohmarkt oder ein kleines Fest im Freien statt.

(Fortsetzung folgt.)

Die Küste der Picardie 2 – die bunten Häuser von Mers-les-Bains

Wenn sich im Sommer halb Paris auf den Weg in die Ferien macht, zieht es auch heute noch viele der Großstädter an die Küste des Ärmelkanals. Seinen Anfang nahm der Drang zum Meer vor gut zweihundert Jahren. Bis dahin wäre kaum ein Mensch auf die Idee gekommen, freiwillig ins Meer zu steigen. Selbst die Fischer an den Küsten waren Nichtschwimmer, und nichts war ihnen fremder als die Vorstellung, im Meer zu baden. Es waren die Bewohner der großen Städte und die Angehörigen der wohlhabenden Schichten, die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die See und das Baden zu begeistern begannen. Neue Eisenbahnlinien an die Küste beförderten diese Entwicklung ungemein. Der Urlaub an der See sollte ein einziges buntes und fröhliches Fest werden. Diesen Anspruch sieht man vielen Villen an der Küste der Picardie noch heute an.

Villen in Mers-les-Bains (c) Michael Kneffel

Vor über zwanzig Jahren hat uns der Charme der nordfranzösischen Küste und seiner Bewohner schon einmal gefangen genommen. Auf der Anreise zu einer Normandie-Fahrradtour machten wir bei scheußlichem Regenwetter nahe Wissant im Département Pas-de-Calais Station, in einem Gästehaus, das von einer älteren Dame geführt wurde. Vor dem strammen Seewind geschützt lag das alte Anwesen, völlig von Rosenhecken umgeben, in einer Mulde nahe der Steilküste. Unser stilvoll eingerichtetes Gästezimmer besaß eine erlesene Handbibliothek zum Thema Zen-Buddhismus, der Frühstückskaffee wurde in silbernen Kännchen serviert, und am Abend saßen alle Gäste des Hauses im Salon am Kamin zusammen, wo die Gastgeberin unaufdringlich und gekonnt die zusammengewürfelten Durchreisenden miteinander ins Gespräch brachte. Den Aufenthalt in diesem Haus „bei Madame“ haben wir nie vergessen, und trotzdem dauerte es sehr lange, bis wir wieder in den äußersten Norden Frankreichs zurückkehrten. Auslöser hierfür war die „Europäische Kulturhauptstadt“ Lille im Jahre 2004.

frisch restaurierte Keramik an der Villa Pomone in Mers-les-Bains (c) Michael Kneffel

Begeistert von der lebendigen Stadt mit ihrer alten Bebauung und der jungen Bevölkerung hatten wir Lille in jenem Jahr schon drei Mal besucht. Beim vierten Besuch waren wir auch neugierig auf das Umland und die relativ nahe Küste. So kamen wir über Arras und Amiens schließlich nach Mers-les-Bains am äußersten Südzipfel der picardischen Küste. Fasziniert und erschrocken zugleich liefen wir durch den alten Badeort. Fasziniert wegen der vielen bunten Häuser mit verspielten Fassaden an der Strandpromenade und erschrocken wegen des völlig maroden Zustands ganzer Straßenzüge in der zweiten Reihe. Wind und Salz nagen hier beständig an den Fassaden. Wenn die Anstriche nicht regelmäßig erneuert werden, beginnt sehr schnell der Verfall. Heute sind die meisten Häuser in Mers-les-Bains wieder renoviert und bewohnt. Der Ort erstrahlt in neuem Glanz und zieht viele französische Sommergäste an.

Villen in Mers-les-Bains (c) Michael Kneffel

Nähert man sich dem Ort mit dem Auto von Osten, vorbei an Kleinindustrie und Gewerbeansiedlungen, ahnt man auch nicht ansatzweise, welche architektonischen Schätze Mers-les-Bains in Strandnähe bietet. Nach der Fertigstellung der Eisenbahnlinie von Paris zum Nachbarort Le Tréport im Jahre 1873, wurde der Badeort in den Jahrzehnten der Belle Époque sehr systematisch auf der grünen Wiese errichtet. Wunderschöne Villen säumten bald die Promenade und die auf sie hinführenden Straßenzüge. Feriendomizile im anglo-normannischen, maurischen, flämischen und picardischen Stil schossen bis zur Jahrhundertwende aus dem Boden. Dazu kamen Häuser in Stilrichtungen, die mit den Namen der Regenten Louis XIII und Napoléon III verbunden werden, später dann Villen im typischen Stil der 30er Jahre. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auch das große Hotel Bellevue an der Promenade gebaut, dessen Café und Restaurant sehr als Ausgangangs- oder Endpunkte für Streifzüge durch den Ort zu empfehlen sind.

(Fortsetzung folgt.)