
Karneval in Dünkirchen © Michael Kneffel
Wer bei „Karneval“ und „Strand“ nur an Rio denkt, kennt Dünkirchen nicht. Eine Stadt voller Überraschungen. Jedenfalls für uns, die wir nach einem interessanten Samstag im belgischen Ypern das Wochenende an der Küste Nordfrankreichs ausklingen lassen wollten. Erste Überraschung – für die Dünkirchen natürlich nicht verantwortlich war: 9. März und bei strahlendem Sonnenschein Temperaturen wie im Sommer. Über 20 Grad! Zweite Überraschung: Das neue Museum, das FRAC Nord-Pas de Calais, das uns angelockt hatte, öffnete am Sonntag erst am Nachmittag, um 14 Uhr.

das neue Museum FRAC Nord-Pas de Calais im Hafen von Dünkirchen © Michael Kneffel
Als wir vormittags am Museum ankamen, war dort und in der gesamten Hafengegend kaum ein Mensch zu sehen. Obwohl das neue Museum für zeitgenössische Kunst schon im November letzten Jahres eröffnet worden war, wirkte es noch irgendwie unfertig, mitten in einem großen städtebaulichen Entwicklungsgebiet. Große und offensichtlich sehr interessante Dinge waren hier im Gange, keine Frage – nur nicht am Sonntagvormittag.
Bis 14 Uhr war noch reichlich Zeit, also machten wir uns auf, zurück in die Innenstadt. Dritte Überraschung: Auch die Innenstadt wirkte nahezu ausgestorben. Nur geglegentlich sahen wir irritierender Weise Menschen in Karnevalskostümen Richtung Strandpromenade laufen. Eine halbe Woche nach Aschermittwoch! Sehr katholisch wirkte Dünkirchen nicht auf uns. Oder stimmt es tatsächlich, dass die Ch´tis im Norden Frankreichs in allem etwas zurück hängen?

Museumsschiffe im menschenleeren Zentrum der Stadt © Michael Kneffel
Nach einem kleinen Rundgang um den Innenhafen wurden wir doch neugierig und steuerten ebenfalls auf die Strandpromenade der Stadt im Stadtteil Malo zu. Vierte Überraschung unterwegs: In aller Ruhe schwamm ein Seehund vor einer Rampe im Hafen und wartete anscheinend darauf, dass sich die wenigen Schaulustigen wieder aus dem Staub machen.

Seehund im Innenhafen Dünkirchens © Michael Kneffel
Gelegentlich vorbeiziehende Einheimische in ihren seltsamen Kostümen ignorierten das Tier völlig. Der Seehund schien hier nicht zum ersten Mal Siesta zu halten. Je näher wir dem Stadtteil Malo kamen, desto dichter wurde der Verkehr. Jeder freie Quadratmeter war zugeparkt und immer mehr Menschen strebten dem Strand zu. Die allermeisten von ihnen äußerst gut gelaunt und ziemlich schräg kostümiert. Unrasierte, heftig geschminkte Männer in schrillen Frauenkleidern dominierten die Szene.

wilde Kerle beim Karneval in Dünkirchen © Michael Kneffel
Verspäteter Karneval oder vorgezogener Christopher Street Day? Daneben viele schwarze Männer in Baströckchen mit langen Fasanenfedern am Kopf. Political correct sah das nicht aus. Schien aber niemanden zu stören. Der Geräuschpegel stieg rapide mit der Nähe zum Wasser. Eine Musik zwischen Samba, Balkan-Brass und niederländischen Fan-Gesängen beim Eisschnelllauf.

schwarze Männer beim Karneval in Dünkirchen © Michael Kneffel
In den Brasserien und Bars an der Promenade war kein Stuhl mehr frei. Ausgelassene Stimmung und ohrenbetäubender Lärm drinnen.

gute Stimmung und Höllenlärm in den Brasserien © Michael Kneffel
Vor den Restaurants elaborierte Choreografien und eindrucksvolle Sprechgesänge. Einer Gruppe war es besonders wichtig, möglichst x-beinig mit dem Hintern zu wackeln. Danach das Kommando: Tanz die Sardine! Pogo-ähnlich sprang und tanzte die Gruppe auf möglichst engem Raum vor den Restaurantfenstern herum. Hier waren keine Anfänger am Werk!

erst mit dem Hintern wackeln, dann der Sardinen-Tanz © Michael Kneffel
So derb und wild viele Gestalten auch aussahen, so fröhlich und friedlich war die Veranstaltung. Alle schienen viel Spaß an sich und an den anderen zu haben. Wer eine Pause brauchte, ging an den Strand und machte es sich im Sand bequem.

Karneval am Strand in Dünkirchen © Michael Kneffel
Wollten wir nicht ins Museum? Welches Museum? Vielleicht beim nächsten Mal. Denn das war garantiert nicht unser letzter Besuch in Dünkirchen.

Karneval am Strand in Dünkirchen © Michael Kneffel
Als wir am Nachmittag aufbrachen, hatte der offizielle Festumzug noch nicht einmal begonnen. Was wir erlebt haben, war erst das Aufwärmen.

wilde Kerle beim Karneval in Dünkirchen © Michael Kneffel
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