Mit dem Rad von Essen nach Südfrankreich 2 – Radrennen, Radpilgern oder Radwandern? Und wie komme ich an gute Karten?

Das Thema „Mit dem Rad durch Frankreich“ scheint in der Luft zu liegen und viele Menschen zu faszinieren. Fast alle, mit denen ich seit Ende März über mein Vorhaben geredet habe, bekamen leuchtende oder sehnsuchtsvolle Augen und beteuerten, dass sie am liebsten mitfahren würden. Stephan Hermsen, Redakteur der NRZ berichtete in der gestrigen Ausgabe über seine Radtour vom Niederrhein nach Paris in vier Tagen http://www.derwesten.de/leben/reise/Mit-dem-Fahrrad-in-vier-Tagen-aus-dem-Ruhrgebiet-nach-Paris-id4567681.html. Auch er nutzte am Anfang die schönen Radwege entlang der Maas in den Niederlanden und in Belgien, folgte dem Fluß dann aber bis weit nach Frankreich hinein und kam auf diesem Weg arg in die Berge der Ardennen und der Champagne. Mit Tagesetappen von bis zu 192 Km erinnert mich seine Tour eher an ein Radrennen als an eine Radreise oder Radwanderung, wie sie mir vorschwebt.

Am Anfang meiner Suche nach einer geeigneten Route, bekam ich aus dem Freundeskreis den Hinweis auf auf eine Bocholter Gruppe, die 2008 mit dem Rad nach Santiago de Compostela gepilgert ist http://www.jakobsweg.kilu.de/html/. Um dieser Planung zu folgen, muß man aber sehr fit sein und einen gewissen Hang zur Selbstkasteiung besitzen, wie er Pilgern ja möglicherweise eigen ist. Die Tagesetappen waren zwischen 120 und 170 Km lang und führten munter alle möglichen Berge hinauf, in tiefe Flußtäler hinunter und auf der anderen Seite gnadenlos wieder bergauf. Nichts für mich! Ich bin zur Zeit noch nicht besonders in Form und möchte die Fahrt gerade auch dazu nutzen, meine Kondition allmählich wieder aufzubauen. Also brauche ich einen anderen Plan.

Seit Jahren schon geht mir die Idee durch den Kopf, für eine längere Radtour in Frankreich die Treidelpfade an den vielen Kanälen zu nutzen, die das Land durchziehen und auch durch bergige Regionen führen. Auf früheren Fahrten bin ich immer wieder mal mit solchen Kanälen in Berührung gekomme, habe das entspannte Radeln auf den ebenen Strecken sehr genossen. Nur an den Schleusen müssen auf kurzen Rampen einige Höhenmeter genommen werden, danach geht es dann wieder kilometerlang nahezu mühelos weiter. Irgendwann Anfang der 90er Jahre habe ich dann schon mal eine Karte der französichen Schifffahrtswege im Maßstab 1/1.428.000 von 1987 erstanden, die „Carte Vagnon No. 1 – Carte de France des voies navigables“, die seitdem in einer Schublade schlummerte. Mit ihrer Hilfe habe ich die grobe Routenplanung vorgenommen, über die ich vorgestern berichtet habe. Die weitergehenden Fragen lauten nun, gibt es an den verzeichneten Flüssen und Kanälen auch tatsächlich befahrbare Treidelpfade oder sogar ausgebaute Radwege, in welchen  Karten sind sie verzeichnet und wie komme ich an diese Karten?

Normalerweise kann man in Frankreich hervorragend nach den gelben Michelin-Straßenkarten im Maßstab 1/200.000 Rad fahren, wenn man die rot markierten Hauptstrassen meidet, die gelb markierten auch nur selten benutzt und sich vor allem an die weiß markierten Nebenstrecken hält. Nur die Radwege, die in den letzten Jahren in großer Zahl entstanden sind und auf alten Bahntrassen oder eben an Kanälen und Flußufern abseits des Autoverkehrs durch die Regionen führen, sind dort nicht abgebildet.

Auf der französichen Internetseite http://www.af3v.org werden unter dem Titel Les Véloroutes et Voies Vertes de France  einige dieser „voies vertes“ ( „grüne Wege“) gezeigt. Dort findet sich auch der Hinweis auf den geplanten transeuropäischen Radweg EV3, den „Pilgerweg Trondheim – Santiago de Compostela“, der in seinem französichen Teil ziemlich genau meiner groben Routenplanung entsprechen und einige „voies vertes“ nutzen wird. Leider werden auf dieser Seite nur ganz wenige Teilstücke im Detail beschrieben. Aber immerhin. Besser als nichts!

Wählt man auf Google Earth die Einstellung „Maps“, sieht man dort auch die Leinpfade, die als „Chemin de Halage“ bezeichnet werden. Für die Vorbereitung kann das noch hilfreich sein. Später auf dem Rad nützt mir Google Earth leider herzlich wenig. Ich müßte schon ein iPad dabei haben und dafür einen Vertrag mit einer französischen Telefongesellschaft abschließen.

Nach den Feiertagen werde ich im Buchhandel mal nach französischen IGN-Radwanderkarten fahnden, die es zumindest für einige ausgesuchte Regionen geben soll.  Im Moment sieht es so aus, als könnte die Feinplanung meiner Route eine ausgesprochene Puzzlearbeit werden.