Mit dem Rad von Essen nach Südfrankreich 4 – Generalprobe erfolgreich

mein Drahtesel als Packesel, (c) Michael Kneffel

Gestern war Generalprobe für meine Fahrt. Zum ersten Mal habe ich das Rad nahezu komplett beladen und bin eine Strecke von knapp 50 Km gefahren. Anfangs kam es mir so vor, als würde der Lenker wackeln wie ein Lämmerschwanz, mein Starttempo war deutlich niedriger als an den Vortagen, dafür schnellte mein Puls in ungewöhnte Höhen, die erste längere Steigung nahm ich im kleinsten Gang. Nach 3-4 Km und auf ebener Strecke lief es dann aber schon ausgesprochen gut. In Essen-Kettwig schickte mich leider eine offizielle Radweg-Umleitung ziemlich steil hinunter an die Ruhr und mitten in´s Schotterbett einer Großbaustelle. Über Kilometer wird hier der Radweg erneuert. Essen,  die angebliche so fahrradfreundliche Stadt, kämpft offensichtlich engagiert weiter um die mehr als einmal gewonnene „Rostige Speiche“. Ich kann mir gut vorstellen, welcher Sturm der Entrüstung durch die Lokalzeitungen tobte, wenn eine Umleitung für PKW so endete. Nach einigen Meter im Schotter wechselte ich auf die Traktorspur im benachbarten Getreidefeld und bewunderte mein Rad und insbesondere die alten Reifen dafür, wie sie mit dieser Wegstrecke fertig wurden. Ein Rad, das Essener Straßen und Wege aushält, kommt auch bis nach Südfrankreich!

Lieber auf den Acker oder in den Schotter? (c) Michael Kneffel

Durch Kettwig ging es dann auf normalen Straßen und im dichten Feierabendverkehr entlang der Ruhr nach Essen-Werden. Am Baldeneysee stellte sich dann endlich ein, worauf ich bei meiner Frankreichtour so freue: entspanntes, lautloses Gleiten durch eine schöne Landschaft.

Natürlich war es etwas anstrengender mit dem vollen Gewicht zu fahren, aber ich hatte am Ende überhaupt nicht das Gefühl, mich verausgabt zu haben. Schon nach den vier Wochen Vorbereitung spüre ich, wie sich mein Gesamtkonstitution erheblich verbessert hat. Den kommenden Wochen in Frankreich sehe ich gelassen und mit großer Vorfreude entgegen.

Mit dem Rad von Essen nach Südfrankreich 3 – Die Vorbereitung ist fast abgeschlossen

in der Bretagne 2001, (c) Michael Kneffel

So! Meine Routenplanung ist abgeschlossen. Am tiefsten in´s Detail gegangen bin ich für die Strecke zwischen Belgien und Paris, weil ich in dieser Gegend noch nie Rad gefahren bin. Sehr geholfen hat mir dabei eine Streckenbeschreibung auf der Seite www.radweit.de. Auf dieser Seite werden in der Hauptsache deutsche Routen beschrieben, aber ein paar wenige in Frankreich sind eben auch dabei. Für Nordfrankreich habe ich mir inzwischen auch IGN-Karten im Maßstab 1:100.000 angeschaft, die ich wärmstens empfehlen kann. Relativ viel  Zeit habe ich noch darauf verwendet, einen möglichst komfortablen Weg an der Seine aus Paris heraus in Richtung Südwesten zu finden. In einschlägigen Foren und mit Hilfe von Google habe ich einige Tipps bekommen, ganz eindeutig war das aber alles nicht. Ein paar Mal scheint die Flußseite gewechselt werden zu müssen, wo genau, werde ich dann hoffentlich vor Ort rechtzeitig erkennen. Verlassen werde ich die Seine in Moret-sur-Loing, um dann dem Canal de Loing bis Montargis zu folgen und von dort einem nicht mehr genutzten Kanal bis Orleans. Ab dort wird es dann für mich einfach, weil ich südlich der Loire fast überall schon mal geradelt bin. Bis zur Mittelmeerküste werden mir die gelben Michelin-Karten im Maßstab 1.200.000 reichen.

Radeln in Paris 2001, (c) Michael Kneffel

Die Routenpanung war natürlich nur ein Teil der bisherigen Vorbereitung. Daneben ging es auch darum, mir eine Grundkondition zu verschaffen, um überhaupt über die ersten Etappen von täglich 50 Kilometern zu kommen. Vor vier Wochen etwa habe ich damit begonnen, jeden zweiten Tag meine „Hausstrecke“ von Essen-Rüttenscheid nach Essen-Steele zu fahren, hin und zurück 14 Kilometer, mit einer langen Abfahrt / Steigung. Seit zwei Wochen ungefähr fahre ich täglich, erst um die 25 Km, heute zum ersten Mal über 50 Km. Ohne Gepäck ließ sich die heutige Trainingsfahrt trotz des starken Ostwinds ziemlich mühelos in drei Stunden schaffen. Bis zum 8. werde ich noch einige Km zulegen und auch Gepäck mitnehmen, Zelt, Schlafsack, Isomatte – alles was sich schnell verstauen läßt. Inzwischen habe ich auch beschlossen, mit zwei kleineren alten Ortlieb-Taschen am Vorderrad und zwei großen und noch älteren Karrimor-Taschen am Gepäckträger zu fahren. Dazu kommt eine geräumige Ortlieb-Lenkertasche. Zelt und Isomatte werde ich ebenfalls auf dem Gepäckträger befestigen. Während des extremen Pollenflugs der letzten Wochen, gegen den Staub der zurückliegenden Trockenzeit und gegen die abendlichen großen Insektenschwärme hat mir ein Halstuch beste Dienste geleistet. Nie mehr ohne! Nach einer sehr feuchten Gewitterfahrt in dieser Woche habe ich mir außerdem schnellstens eine Regenhaube für meinen Helm und wasserdichte Gamaschen für die Schuhe zugelegt. Nach einer Regenfahrt am nächsten Morgen wieder in klätschnasse Schuhe steigen zu müssen, stelle ich mir nämlich nicht sehr prickelnd vor. Meinen Lenker habe ich außerdem durch neue Handgriffe mit verstellbaren „Hörnern“ aufgemotzt. Das sieht bizarr aus, ist aber sehr angenehm und hilft mir vor allem, ab und zu mal eine aufrechtere Position einzunehmen, um die Schultern und den Rücken zu entlasten und solche starken Winde wie heute „abzusegeln“. In Frankreich ist übrigens eine Warnweste für alle Radler bei schlechten Sichtverhältnissen und in der Nacht Pflicht.

Bizarr, aber sehr wohltuend, meine neuen Griffe, (c) Michael Kneffel

Mit den gestern gekauften Ersatzteilen (Kette, Schlauch, Schaltzug, Bremszüge) ist das Rad jetzt komplett. Für das Zelt fehlt mir noch eine leichte, aber strapazierfähige Unterlegplane. Die Kommunikationsfrage ist auch gelöst. Ich habe mein iPhone entsperren lassen, so dass ich in Frankreich eine Prepaid-Karte eines französischen Anbieters einlegen und dadurch deutlich günstiger telefonieren und in´s Internet gehen kann. Außerdem habe ich meinen deutschen Vertrag gewechselt und kann nun auch damit – bis zu gewissen Grenzen – relativ preiswert im Ausland den Kontakt nach Hause halten.

Französische Apps für das iPhone lassen sich übrigens leicht über iTunes herunterladen. Wenn man den genauen Namen schon kennt, geht das einfach über die deutsche iTunes-Version, ansonsten muß man zur französischen Version wechseln (ganz unten rechts auf der App-Store-Seite den schwarz-rot-goldenen Button anklicken und dann auf der sich neu öffnenden Seite den blau-weiß-roten Button auswählen), sich dort informieren, das Passende aussuchen, dann zurück zur deutschen Version gehen und dort herunterladen. Direkt von der französischen Seite zu laden, klappt leider nur, wenn man auch ein französisches iTunes-Konto hat. Die Wettervorhersagen von MeteoFrance sind jedenfalls klasse.

In der verbleibenden Woche werde ich mich um die Rückfahrt mit der Bahn kümmern. Wenn man vorher reserviert, kann man sein Rad auch im TGV mitnehmen. Leider sind die Reservierungen nur in Frankreich möglich und im SNCF-Büro am Kölner Hauptbahnhof. Auf der Seite www.velo.sncf.com kann man sich aber vorab schon mal informieren, auf welchen Strecken und in welchen Zügen die Fahrradmitnahme möglich ist.

Ansonsten werde ich mal versuchen herauszubekommen, wo auf meinem Weg Campingplätze liegen und ob sie im Mai schon geöffnet sind. In den neuen Michelin-Karten sind sie nicht mehr verzeichnet. Zum Glück habe ich aber noch viele alte Karte.

Mit dem Rad von Essen nach Südfrankreich 2 – Radrennen, Radpilgern oder Radwandern? Und wie komme ich an gute Karten?

Das Thema „Mit dem Rad durch Frankreich“ scheint in der Luft zu liegen und viele Menschen zu faszinieren. Fast alle, mit denen ich seit Ende März über mein Vorhaben geredet habe, bekamen leuchtende oder sehnsuchtsvolle Augen und beteuerten, dass sie am liebsten mitfahren würden. Stephan Hermsen, Redakteur der NRZ berichtete in der gestrigen Ausgabe über seine Radtour vom Niederrhein nach Paris in vier Tagen http://www.derwesten.de/leben/reise/Mit-dem-Fahrrad-in-vier-Tagen-aus-dem-Ruhrgebiet-nach-Paris-id4567681.html. Auch er nutzte am Anfang die schönen Radwege entlang der Maas in den Niederlanden und in Belgien, folgte dem Fluß dann aber bis weit nach Frankreich hinein und kam auf diesem Weg arg in die Berge der Ardennen und der Champagne. Mit Tagesetappen von bis zu 192 Km erinnert mich seine Tour eher an ein Radrennen als an eine Radreise oder Radwanderung, wie sie mir vorschwebt.

Am Anfang meiner Suche nach einer geeigneten Route, bekam ich aus dem Freundeskreis den Hinweis auf auf eine Bocholter Gruppe, die 2008 mit dem Rad nach Santiago de Compostela gepilgert ist http://www.jakobsweg.kilu.de/html/. Um dieser Planung zu folgen, muß man aber sehr fit sein und einen gewissen Hang zur Selbstkasteiung besitzen, wie er Pilgern ja möglicherweise eigen ist. Die Tagesetappen waren zwischen 120 und 170 Km lang und führten munter alle möglichen Berge hinauf, in tiefe Flußtäler hinunter und auf der anderen Seite gnadenlos wieder bergauf. Nichts für mich! Ich bin zur Zeit noch nicht besonders in Form und möchte die Fahrt gerade auch dazu nutzen, meine Kondition allmählich wieder aufzubauen. Also brauche ich einen anderen Plan.

Seit Jahren schon geht mir die Idee durch den Kopf, für eine längere Radtour in Frankreich die Treidelpfade an den vielen Kanälen zu nutzen, die das Land durchziehen und auch durch bergige Regionen führen. Auf früheren Fahrten bin ich immer wieder mal mit solchen Kanälen in Berührung gekomme, habe das entspannte Radeln auf den ebenen Strecken sehr genossen. Nur an den Schleusen müssen auf kurzen Rampen einige Höhenmeter genommen werden, danach geht es dann wieder kilometerlang nahezu mühelos weiter. Irgendwann Anfang der 90er Jahre habe ich dann schon mal eine Karte der französichen Schifffahrtswege im Maßstab 1/1.428.000 von 1987 erstanden, die „Carte Vagnon No. 1 – Carte de France des voies navigables“, die seitdem in einer Schublade schlummerte. Mit ihrer Hilfe habe ich die grobe Routenplanung vorgenommen, über die ich vorgestern berichtet habe. Die weitergehenden Fragen lauten nun, gibt es an den verzeichneten Flüssen und Kanälen auch tatsächlich befahrbare Treidelpfade oder sogar ausgebaute Radwege, in welchen  Karten sind sie verzeichnet und wie komme ich an diese Karten?

Normalerweise kann man in Frankreich hervorragend nach den gelben Michelin-Straßenkarten im Maßstab 1/200.000 Rad fahren, wenn man die rot markierten Hauptstrassen meidet, die gelb markierten auch nur selten benutzt und sich vor allem an die weiß markierten Nebenstrecken hält. Nur die Radwege, die in den letzten Jahren in großer Zahl entstanden sind und auf alten Bahntrassen oder eben an Kanälen und Flußufern abseits des Autoverkehrs durch die Regionen führen, sind dort nicht abgebildet.

Auf der französichen Internetseite http://www.af3v.org werden unter dem Titel Les Véloroutes et Voies Vertes de France  einige dieser „voies vertes“ ( „grüne Wege“) gezeigt. Dort findet sich auch der Hinweis auf den geplanten transeuropäischen Radweg EV3, den „Pilgerweg Trondheim – Santiago de Compostela“, der in seinem französichen Teil ziemlich genau meiner groben Routenplanung entsprechen und einige „voies vertes“ nutzen wird. Leider werden auf dieser Seite nur ganz wenige Teilstücke im Detail beschrieben. Aber immerhin. Besser als nichts!

Wählt man auf Google Earth die Einstellung „Maps“, sieht man dort auch die Leinpfade, die als „Chemin de Halage“ bezeichnet werden. Für die Vorbereitung kann das noch hilfreich sein. Später auf dem Rad nützt mir Google Earth leider herzlich wenig. Ich müßte schon ein iPad dabei haben und dafür einen Vertrag mit einer französischen Telefongesellschaft abschließen.

Nach den Feiertagen werde ich im Buchhandel mal nach französischen IGN-Radwanderkarten fahnden, die es zumindest für einige ausgesuchte Regionen geben soll.  Im Moment sieht es so aus, als könnte die Feinplanung meiner Route eine ausgesprochene Puzzlearbeit werden.


Mit dem Fahrrad von Essen nach Südfrankreich

Irgenwann kurz vor meinem 57. Geburtstag machte es Klick in meinem Kopf und der Plan stand. Zumindest in groben Zügen. Ich werde mit dem Fahrrad von Essen nach Südfrankreich fahren, um genau zu sein nach St. Jean de Buèges in der Nähe von Montpellier, wo ein befreundetes Paar seit Jahrzehnten ein Naturschutzprojekt und ein Bildungshaus betreibt. Grob geschätzt werde ich 1500 – 1600 Kilometer zu radeln haben. Wenn ich jeden Tag um die 50 Km fahre, werde ich nach einem Monat in St. Jean ankommen. 5o km sind nicht viel für einen Radfahrer, aber ich bin auch schon lange nicht mehr lange Strecken gefahren, in den letzten drei Jahren näherte sich meine Kondition aus gesundheitlichen Gründen dem Nullpunkt, ich werde relativ viel Gepäck dabei haben, weil ich so oft wie möglich im Zelt übernachten möchte, und vor allem: ich möchte etwas sehen von Frankreich, möchte Land und Leute erleben, die Natur  genießen und nicht nur „Kilometer fressen“. Meine Geburtstagsgäste bekamen den Auftrag: Keine Geschenke! Aber durchforstet bitte eure Bestände zu Hause, ob irgendetwas dabei ist, was mir auf so einer Reise nützlich sein und was ich mir ausleihen kann! Die einzige große Neuanschaffung war bisher ein Kuppelzelt. Und dabei soll es auch bleiben. Schlafsack und selbstaufblasende Isomatte sind seit langem vorhanden. Mein altes Trekkingrad funktioniert auch nach 21 Jahren noch einwandfrei. Packtaschen liegen seit vielen Jahren im Regal und sind anscheinend unkaputtbar.

Meine Route soll zunächst über Venlo nach Maastricht und entlang der Maas über Liège nach Namur in Belgien führen. Dort will ich die Maas verlassen und der Sambre bis Charleroi folgen. Von dort soll mich der Sambre-Oise-Kanal in Richtung Paris führen. Ab La Fère soll es entlang der Oise bis zur Seine kurz vor Paris gehen. Mit der Seine will ich die Stadt durchqueren und in Richtung Südosten verlassen, bis Saint-Mammès. Hier beginnt der Canal du Loing, der mich bis Montargis bringen soll. Von dort führt ein alter, inzwischen aufgegebener Kanal an die Loire, kurz vor Orleans. Ob er befahrbare Treidelpfade hat, muß ich noch prüfen. Die Radwege an der Loire sind bekannt und von Millionen Radtouristen erprobt. Auf ihnen möchte ich über Blois und Tour bis zur Einmündung der Vienne fahren, der ich bis Chatelleraut folgen werde. Von dort soll es an den Ufern des Clain bis Poitier gehen.

Meine Grundidee besteht darin, wann immer möglich Kanälen und Schiffahrtswegen zu folgen, um heftige Steigungen zu vermeiden. Von Poitier bis zur Atlantikküste wird das nicht möglich sein. Auf dieser Strecke sind einige Berge nicht zu vermeiden, aber vor 24 Jahren bin ich hier schon mit dem Hollandrad und Dreigangschaltung durchgekommen. Mit 24 Gängen wird es im Jahr 2011 auch wieder gelingen. Am Atlantik sind die Radwege gut ausgebaut und fast immer topfeben. Ab Bordeaux werde ich zunächst der Garonne, dann dem Seitenkanal der Garonne und schließlich dem Canal du Midi folgen, der mich bis zur Mittelmeerküste bringen soll. Von dort sind es bis Montpellier und St. Jean de Buèges nur noch zwei Tagesetappen. Die letzte führt allerding wieder nach Norden, in die Berge, an den Rand der Cevennen. Aber bis dahin sollte ich genug Kraft in den Beinen haben, um gut anzukommen.

Der Startschuss zu meiner ganz persönlichen Tour de France soll am 7. oder 8. Mai fallen. Bis dahin ist noch einiges vorzubereiten und abzuklären.  Gibt es an den Flußufern und Kanälen tatsächlich überall befahrbare Radwege? Wo liegen Campingplätze, die im Mai schon geöffnet haben? Muß ich nicht doch einige Komponenten am Rad austauschen? Kette und Reifen wurden noch nie gewechselt. Wie halte ich von unterwegs Kontakt nach Hause? Wie kann ich unterwegs meine Emails abrufen und ggf. beantworten, ohne mich durch teure Roaming-Gebühren zu ruinieren. Kunden und Auftraggeber melden sich mit Vorliebe, wenn man nicht am heimischen PC sitzt und brauchen das gewünschte Foto in der Regel unbedingt bis zum nächsten Morgen.  Soll ich überhaupt eine Kamera mitnehmen und wenn ja, welche? Es gibt also noch einiges vorzubereiten. Ich werde weiter berichten.

Paris Photo ohne zu verhungern

Paris Photo 2009 (c) M. Kneffel

Vom 19. bis zum 21.11. wird im Pariser Carroussel du Louvre wieder die PARIS PHOTO stattfinden, die größte Foto-Kunst-Messe der Welt, beliebter Treffpunkt der Foto-Szene und darüber hinaus ein guter Anlaß, mal wieder einen Streifzug durch eine der schönsten Städte der Welt zu unternehmen. Noch ist nicht ganz klar, ob ich mir auch in diesem Jahr dieses Vergnügen gönnen werde, aber die Reiseplanung läuft im Hinterkopf schon mit und dabei spielt natürlich die Frage eine Rolle, wo ich etwas zu essen und zu trinken finden werde, und zwar zu vernünftigen Preisen.  Seit Paul Strand wissen wir, dass man auch in Paris schlecht essen kann. Das gegenwärtige große Café-Sterben trägt nicht gerade zur Verbesserung der Situation bei. Fast-Food, Nepp und miese Qualität gehören auch in Paris längst zum Alltag. Um so wichtiger ist es, jene Adressen wieder aus dem Gedächtnis hervorzukramen, mit denen ich angenehme Erinnerungen verbinde, und nach neuen Tipps im Internet zu fahnden.

im „Café qui parle“ (c) M. Kneffel

Von meinem letzten Paris-Trip sind mir einige Lokale in besonders guter Erinnerung geblieben. Als erster Treffer erwies sich direkt nach dem Einchecken in einem Hotel am Montmartre das Mittagessen im Le Café qui parle in der Nachbarschaft auf der Rue Coulaincourt 24. In dieses kleine, etwas szenemäßig, aber gleichzeitig sehr französisch aufgemachte Restaurant / Bistro / Café gehen offensichtlich die Menschen aller Altersgruppen aus der Nachbarschaft zum Essen, was immer ein gutes Zeichen ist.

Mit den Tagesgerichten, die wir bestellt hatten und deren Preise unter 15 Euro lagen, waren alle sehr zufrieden. Die Bedienung war freundlich, es gab keine langen Wartezeiten, obwohl das Lokal gut besucht war, gleichzeitig wurden wir nicht bedrängt, sondern konnten unser Essen und die Mittagspause in Ruhe genießen. Sehr empfehlenswert für alle, die ihre Zelte am  Montmartre aufschlagen, und wahrscheinlich auch am Abend noch eine gute Wahl, um mit Freunden und Kollegen einen Schluck zu trinken.

(Nachtrag aus 2014: Als wir in diesem Jahr nach längerer Zeit mal wieder abends am Café qui parle vorbei kamen, standen einige Menschen draußen bei Regen und Kälte an, um einen Tisch zu bekommen. Das spricht weiterhin für die Qualität der Küche.)

Am ersten von zwei Abenden waren wir mit Kollegen auf der Suche nach einem einfachen und preiswerten Lokal und wurden in unmittelbarer Nähe des Centre Pompidou fündig.  Die Créperie Beaubourg an der Rue Brisemiche 2 und damit an dem kleinen Platz mit großem Brunnen und Figuren von Niki de Staint-Phalle, der sich südlich an das Centre Pompidou anschließt,  wird in diversen Paris-Blogs als beste Créperie von Paris gefeiert und bietet tatsächlich großartige Qualität zum kleinen Preis, womit man an diesem touristischen Hotspot nicht unbedingt rechnen kann. Richtig angenehm ist es vor allem an den Tischen draußen. Im Lokal kann die Luft sehr stickig werden.

im „Chez Janou“ (c) M. Kneffel

Einen tollen Eindruck hinterließ bei uns auch das Bistrot Chez Janou an der Rue Roger Verlomme 2 Ecke Rue de Tournelle im Maraisviertel nahe der Place des Vosges. Das sehr schön nostalgisch eingerichtete Lokal mit Plakaten von alten Tati-Filmen an der Wand, einer gewaltigen Pastis-Auswahl und gemäßigten Preisen (Tagesgericht ab 10 Euro) war leider für den Abend schon komplett ausgebucht, so dass wir dort nur zu einem Aperitif kamen. Sehr schade. Ohne Reservierung wird es wahrscheinlich immer schwer sein, einen Tisch zu bekommen, aber der Versuch lohnt auf jeden Fall. Unser Ersatzrestaurant am zweiten Abend, das Caruso in der Rue de Turenne 3, gerühmt wegen seiner guten italienischen Küche, war leider eine Enttäuschung: steif, ziemlich teuer und allenfalls mittelmäßig. Aber selbst schuld, wenn man ausgerechnet in Paris italienisch essen geht.

Wer auf das übliche Hotel-Frühstück verzichten und sich in großbürgerlichem Ambiente etwas Besonderes gönnen möchte, und zwar in unmittelbarer Nähe der Fotokunst-Messe, in einem Flügel des Louvre mit Blick auf die Glaspyramide, ist im Café Marly bestens aufgehoben. Das Frühstück ist hervorragend, aber auch nicht ganz billig. Dafür kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit schon am frühen Vormittag dabei zusehen, wie die Großen der Fotokunst-Szene noch vor Öffnung der Messe mit den wichtigsten Galeristen Geschäfte machen.

im Café Marly (c) M. Kneffel